Unity in Diversity?
Konstruktionsversuche von national-kulturellem Funktionsgedächtnis im Post-Apartheid-Südafrika
Annett Schulze
Südafrika stand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weltweit synonym für Apartheid. Nach dem Ende des Apartheidstaates und mit den ersten freien Wahlen im Jahr 1994 änderten sich die Machtverhältnisse. Ein Teil der Widerständigen übernahm Regierungsverantwortung. Die Aufgabe war nun, das Politische zu institutionalisieren und damit den Widerstand zu regulieren. Die Mitglieder der Wahrheits- und Versöhnungskommission empfahlen, feste Orte der Erinnerung einzurichten. So schuf die neue Regierung „heritage legacy
projects“, die Erinnerungen als historisches Wissen ökonomisch und kulturell in Wert setzen. Nation-Building-Prozesse haben hier die Aufgabe, Erinnerungen zu einem Wissen der Nation und ihres nationalen Kollektivkörpers zu transformieren. Annett Schulze zeigt, wie an vier Erinnerungsorten von nationaler Bedeutung repräsentative Öffentlichkeit produziert und welches Wissen nur in bestimmten Räumen sagbar wird. Denn sowohl Nation-Building-Prozesse als auch Erinnerungsräume sind von Hegemonie und Dissidenz durchzogen, denen Widersprüche inhärent sind. Diese Widersprüche, so die Hauptthese der Studie, ermöglichen jedoch erst ein Widersprechen.