Unter Wölfen
Geschichten der Zivilisation und der Souveränität vom 30-jährigen Krieg bis zur Französischen Revolution
Alexander Kling
Wir erleben heute die Wiederkehr der Wölfe. Einer Wiederkehr geht indessen immer ein Verschwinden voraus und dieser Vorgeschichte widmet sich dieses Buch. Anhand von Augenzeugenberichten und Jagdtraktaten sowie Texten der politischen Theorie, der Zoologie und der Literatur wird die Ausrottung der Wölfe im 17. und 18. Jahrhundert nachgezeichnet. Ausgangspunkt der Untersuchung ist das Anwachsen der Wolfspopulation im 30-jährigen Krieg. Die Wölfe vermehren sich in einer tiefgreifenden Krisensituation und werden so zu deren zeichenhafter Verkörperung. In Texten nach dem 30-jährigen Krieg ist sodann zu erkennen, dass die Wölfe als Schreckensfiguren instrumentalisiert werden – das Sprechen und Erzählen von einer unzivilisierten Wolfszeit soll zur Wiedereinsetzung der im Krieg zerstörten Ordnung beitragen. Es ist nicht zuletzt diese affektive Aufladung der Wölfe, mit der maßgeblich ihre Ausrottung vorangetrieben wird. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts bricht die Wolfspopulation schließlich zusammen; das 19. Jahrhundert kennt nur mehr ›letzte Wölfe‹, deren Tötung als Triumph des Menschen regelrecht inszeniert wird. Die Studie weist nach, dass mit der Ausrottung der Wölfe vom 30-jährigen Krieg bis zur Französischen Revolution und den Geschichten, die diese begleiten, immer auch die politische und zivilisatorische Ordnung zur Disposition steht.