Unterschriftenquoren zwischen Parteienstaat und Selbstverwaltung.
Die Rechtsprechung zum kommunalen Wahlvorschlagsrecht.
Joachim Lege
Bei Kommunalwahlen, aber auch bei sonstigen Wahlen im öffentlich-rechtlichen Bereich, wird zwischen „etablierten“ und „neuen“ Parteien bzw. Wählergruppen unterschieden: Die Wahlvorschläge der „Etablierten“, die bereits in den zu wählenden Gremien (oder auch in anderen) vertreten sind, unterliegen geringeren Anforderungen als die Wahlvorschläge „neuer“ Bewerber. Insbesondere müssen „neue“ Wahlbewerber eine gewisse Anzahl von Unterstützungsunterschriften beibringen.
Die Frage, inwieweit solche Unterschriftenquoren gerechtfertigt sind, war mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung, und sie ist derzeit beim BVerfG anhängig. In dieser Situation will die vorliegende Untersuchung betonen, daß das Recht auf gleichen Zugang zur Wahl nur aus besonderen, zwingenden Gründen beschränkt werden darf und daß im Kommunalrecht die politischen Parteien nicht zu Lasten der örtlichen Kräfte privilegiert werden dürfen.
Unterschriftenquoren dürfen demnach allein dazu dienen, die Zahl der Wahlvorschläge aus Praktikabilitätsgründen zu beschränken. Ferner dürfen die Höhe der Quoren, aber auch die Modalitäten der Unterschriftsleistung nicht gegen das Übermaßverbot verstoßen. Vor allem aber ist – und insofern tritt die Untersuchung einer ganz herrschenden Meinung entgegen – die Privilegierung der „etablierten“ gegenüber den „neuen“ Bewerbern mangels zwingenden Grundes nicht zu rechtfertigen.