Verbalpräsenz und göttlicher Sprechakt
Zur Pragmatik spiritueller Kommunikation 'zwischen' "St.Trudperter Hohelied" und Mechthilds von Magdeburg "Das Fließende Licht der Gottheit"
Christine Stridde
Das sogenannte ‚St. Trudperter Hohelied‘ gilt als das erste Buch der
deutschen Mystik. Nach gängiger Deutung versuche seine Bildsprache
die Unio zwischen Seele und Gott gleichzeitig dar- und herzustellen.
Der Text verweise damit bereits auf die klassischen Ausprägungen in
der Frauenmystik des 13./14. Jhs., besonders bei Mechthild von
Magdeburg.
Die Studie stellt diese literatur- wie medienhistorische Einordnung
und Deutung in Frage. Die Autorin wählt dafür einen Forschungsansatz,
der linguistische und sprachphilosophische Methoden zu einer
literaturwissenschaftlichen Pragmatik produktiv verbindet. Der
Neuinterpretation des ‚St. Trudperter Hohenliedes‘ gehen vier kürzere
Analysen von Texten voran, die man – mehr oder minder berechtigt –
für mystisch hält. Aus ihnen wird eine Reihe von Kontextaspekten
spiritueller Redeformen entwickelt, die aufzeigt, wie sich Texte zu
einer Tradition bündeln bzw. wie sich evidente Brüche in der
literarhistorischen Großerzählung methodisch sinnvoll und
hermeneutisch fruchtbar beschreiben lassen.