Verfahrenstechnische Modellierung der trockenen Altpapiersortierung ausgehend von der Betriebspraxis
Winfrid Rauch
Im Rahmen dieser Dissertation wird ein verfahrenstechnischer Modellvorschlag entwickelt, der die Vergleichbarkeit verschiedener Anlagen- und Maschinenkonfigurationen für die trockene Aufbereitung von Altpapier (AP) ermöglicht.
Die Arbeit erklärt die nach dem Stand der Technik bisher unzureichend definierten Pflichtenhefte des modellierten Prozesses und seiner Teilprozesse und die Unterschiede zwischen Anlagenfunktionen, Maschinenprinzipien und Wirkeffekten. Stoffspezifische Sekundäreffekte, wie z. B. die „Brückenbildung“, können Maschinenprinzipien zugeordnet werden.
Die verfahrenstechnische Darstellung dieser Prozesstechnik ermöglicht qualitative und quantitative Ergebnisse zur Sensibilität des Verfahrens in Bezug auf Partikelgröße, Materialzusammensetzung, Materialfeuchte und andere stoffspezifische Parameter.
Dazu werden bekannte mathematische Gleichungen für Zerkleinerung, Verdichtung, Förderung, Siebung und Sortierung an die Gegebenheiten dieser besonderen Verfahrenstechnik angepasst und ergänzt.
Weiterhin können bei jedem Prozessteilschritt (oder Anlagenteil) Bilanzgrenzen gelegt werden und die berechneten Ergebnisse mit dem anfangs formulierten Pflichtenheft verglichen werden.
In einem iterativen Prozess werden Informationen der Maschinenhersteller und Anlagenexperten verglichen mit den vom jeweiligen Anlagenbetreiber bekannt gegebenen Maschinenleistungen. Die zusätzlich durchgeführten Probennahmen ergänzen die prozessrelevanten Informationen. So können die untersuchten Anlagen verfahrenstechnisch dargestellt und mit den empirischen Werten der Betriebspraxis validiert werden.
Durch geeignete Parametrisierung können die erarbeiteten Basis-Modelle auch genutzt werden, um über die untersuchten Anlagen hinausgehende Aussagen zu machen und andere Anlagentypen zu untersuchen. Wesentliche Vergleichsgrößen für verschiedene Anlagenkonzepte sind der mengenbezogene Energieverbrauch in Form einer Prozess-Effizienz und die Durchgangszeit des AP-Materials.
Die Anlagentypen, für die das Modell erstellt worden ist, sind händische, mechanische und optische Sortieranlagen in Deutschland, deren Eingangsmaterial zum Großteil auf der Blauen- Tonnen-Sammlung basieren.
Andere Modellrechnungen wurden für das Schweizer Bündelsystem und das französische Gelbe-Sack-System erstellt. Auch die „Single Stream“-Sammlung in Großbritannien und in den USA wird zum Vergleich herangezogen.
Bestehende Widersprüche in der Anlagenauslegung und in der Ressourceneffizienz können systematisch erklärt werden.
Diese Widersprüche treten z. B. dadurch zutage, dass heute der Bestand von verschiedenen Anlagentypen beobachtet werden kann.
Dieses Fortbestehen von verschiedenen Anlagentypen kann anhand dieser Modellbildung mit den Unterschieden in den AP-Eigenschaften sowie mit technikinhärenten Effizienzproblemen begründet werden.
Die Sortier- und Reinheitseffizienz lassen sich im jeweiligen Modell definieren und als Funktion der Zusammensetzung des Eingangsmaterials und des Durchsatzes darstellen. Es lässt sich feststellen, dass die Grundprozesse im Rahmen der Teilprozesse von Vor-, Haupt- und Nachsortierung durch verschiedene Maschinentypen ausgefüllt werden können, die unterschiedliche Sortier- und Reinheitseffizienzen erzeugen.
Es gibt demnach ein Leistungsoptimum (Maximum) der Sortier- und Reinheitseffizienz, das nicht gleichzusetzen ist mit dem maximalen Einsatz aller nach Stand der Technik verfügbarer Maschinentypen. Diese technikinhärente Logik gibt also eine erste Erklärung, warum verschiedene Maschinentypen in der heutigen, trockenen AP-Sortierung parallel bestehen.
Die Energieeffizienz wird als Ergebnis im erstellten Modell ermittelt und kann bezogen auf den Durchsatz berechnet werden. Alle Grundprozesse, die im Rahmen der hier beschriebenen Teilprozesse von Materialaufgabe bis zur Transportvorbereitung auftreten, haben verschiedene Energieintensitäten. Je nach gewählter Wirkweise und je nach Maschinentyp sind sehr unterschiedliche Energieeffizienzen berechnet worden.
Es gibt demnach ein Leistungsoptimum (Minimum) des Energieverbrauchs, das nicht gleichzusetzen ist mit dem maximalen Einsatz aller nach Stand der Technik verfügbarer Maschinentypen.
Diese technikinhärente Logik gibt demnach eine zweite Erklärung, warum verschiedene Maschinentypen in der heutigen, trockenen AP-Sortierung parallel bestehen.