Verhaltensstandards für Schiedsmänner
Gunnar Sachs
Aufgrund der stetig zunehmenden Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts sahen sich viele Staaten zu Reformen ihrer nationalen Prozessordnungen veranlasst. Im Zuge einer damit einhergehenden Rechtsvereinheitlichung hat sich die Schiedsgerichtsbarkeit zu einem weltweit anerkannten System der Streiterledigung entwickeln können, das dem Prinzip schiedsrichterlicher Autonomie zentrale Bedeutung beimisst. Jedoch birgt gerade der letztgenannte Grundsatz die Gefahr prozessualer Unwägbarkeiten, welche der Schiedsgerichtsbarkeit gegenläufig zu ihrer weiterhin wachsenden internationalen Bedeutung wiederholt Kritik und Misstrauen einbringen.
Zwar haben bereits verschiedene schiedsverfahrensrechtlich engagierte Einrichtungen und Verbände den Versuch unternommen, besagte Unwägbarkeiten durch Verhaltensrichtlinien für Schiedsrichter zu bewältigen. Jedoch unterscheiden sich diese Regelwerke inhaltlich wie strukturell so erheblich voneinander, dass sie sich allenfalls partiell zur Vorgabe eines international homogenen Standesrechts eignen. Nationale Rechtsordnungen hingegen halten bislang – ungeachtet aller Harmonisierungs- und Modernisierungstendenzen – überhaupt keine in sich geschlossenen Verhaltensstandards für Schiedsrichter parat.
Die sich hieraus ergebenden ebenso aktuellen wie praxisrelevanten Fragen zu beantworten, ist das Ziel des von Dr. Gunnar Sachs, Maître en droit, veröffentlichten Titels „Verhaltensstandards für Schiedsrichter“ (erschienen in der Schriftenreihe der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit, Band 23). Anhand einer umfangreichen Rechtsvergleichung entwickelt Sachs in seinem Buch weltweit anerkennungsfähige schiedsrichterliche Verhaltensstandards sowie Instrumente zu deren Durchsetzung und Kontrolle in der Verfahrenspraxis. Seine Ergebnisse fasst der Autor in einem deutsch- sowie englischsprachigen Best-Practice-Codex für Schiedsrichter zusammen. Letzterer kann Gesetzgebern wie auch Schiedsinstitutionen nützliche Anregungen für künftige Projekte geben, Schiedsrichtern die Einschätzung und damit auch die Vermeidung fragwürdiger Verhaltensweisen erleichtern sowie Streitparteien bei der Prozessgestaltung wie auch Auswahl und Bestellung geeigneter Schiedsrichter Hilfe leisten.