Vom historischen Jesus zum päpstlichen Absolutismus
Anton Neumayr
Der Autor unternimmt in diesem Buch den Versuch, unter Miteinbeziehung jüngster Erkenntnisse auf historischer, theologischer und philologischer Ebene ein Bild des historischen Jesus zu entwerfen. Die neuzeitliche wissenschaftliche Theologie beginnt zunehmend auch den zeitlichen Hintergrund zu durchleuchten. Erschien uns Jesus bisher als ein Außenseiter, der in einer entlegenen Provinz Palästinas lebte und dort weder mit politischen noch kulturellen Geschehnissen im Römischen Reich in Berührung kam, so ändert sich das Bild von Jesus von Grund auf; es zeigte sich nämlich, daß sich gerade in Galiläa die wichtigsten Handels- und Verkehrswege kreuzten, wodurch Jesus zwangsläufig mit dem politischen und wirtschaftlichen Leben seiner Zeit in Berührung kommen mußte. Archäologische und papyrologische Entdeckungen, apokryphe und kanonische Quellen liefern wertvolle Aufschlüsse über urchristliche Gemeinden, ihre Beziehungen zu den Essenern, über enge wechselseitige Beziehungen dieser Sekte zu den frühen Christen in Palästina etc.
Im zweiten Teil des Buchs wird die angebliche Rolle des Petrus als erster Papst und als Inhaber der Schlüsselgewalt zum Eintritt in das Himmelreich überprüft und die spannungsreiche Geschichte der Päpste sowie Erbauliches, Erstaunliches und Peinliches einzelner Repräsentanten des Heiligen Stuhls erzählt. Nicht nur die heiligen Päpste, sondern vor allem auch die Sünder unter ihnen, die wiederholt schwerste Krisen und einen mitunter tiefen moralischen Verfall des Papsttums heraufbeschworen, werden schonungslos porträtiert.
Der Autor beschreibt die Diskrepanz zwischen der ursprünglichen Gemeinschaft Jesu und einem weltlichen Imperialismus, der in manchen Perioden durch eine skrupellose Hierarchie geldgieriger, prunksüchtiger und selbstherrlicher Potentaten gekennzeichnet war.