Weißer als Schnee
Ines Geipel, Sylvia Kabus, Joachim Walther
1988 legte Sylvia Kabus dem Aufbau-Verlag das Manuskript Weißer als Schnee vor. Die Lektorin lehnte es in einem mehrstündigen Tribunal ab, da „an dem Text, an der Figur etwas krank ist.“
In einem Text zu dem Vorfall schreibt Sylvia Kabus: „Warum die Figur so dünnhäutig sei, fragte sie. Fünfzehn von zwanzig Leuten oder mehr arbeiteten doch so, in unbefriedigenden Berufen, ohne krank zu werden. Viele leben doch ihr Leben außerhalb der Arbeit, sagte sie, die Genossin. Und wie da von alten Menschen, von einer alten Genossin gesprochen wird, die abgeschoben wird, als Pflegefall nicht zumutbar im Krankenhaus. So kann man eine Genossin doch nicht darstellen, sagte sie.
Das Graue, Erloschene stellte sie mir in Rechnung. ‚Ich weiß, es ist verletzend, aber ich sage es trotzdem …’, begann sie ihre Sätze. Auch, dass ich nie eine Zukunft als Schreibende haben würde. Sie wusste, dass hier etwas verletzt wurde, das hätte ermutigt werden müssen, denke ich heute. Ihr Körper sagte es. Es versperrte mir die Weiterarbeit, das Wachsen und Sein mit dem Buch. Ich saß hinterher im Zug und schrieb ihre vorgestoßenen, von erregtem Schweigen unterbrochenen Bemerkungen in ein Exemplar des ,Filmspiegels’, auf den Rücken von Grace Kelly.“
Zur Veröffentlichung ihres Romans Weißer als Schnee in der „Verschwiegenen Bibliothek“ sagt sie: „Der Text ist die Geschichte eines reinigenden Schweigens, entstanden aus einem Lebensmaterial, das in Todesnähe brachte.“