«Weltengänger» in krisenhaften Zeiten
Der Winterthurer Industrielle und Diplomat Hans Sulzer (1876–1959)
Daniel Nerlich, Matthias Wiesmann
Hans Sulzer gilt als Schlüsselperson der Schweizer Wirtschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er war nicht nur Chef der weltweit tätigen Gebrüder Sulzer AG, sondern mitten in der Weltwirtschaftskrise auch Präsident des «Vororts», des Dachverbands der Schweizer Privatwirtschaft. Zudem spielte er während des Ersten und Zweiten Weltkriegs eine wichtige Rolle bei diplomatischen Missionen im Auftrag des Bundesrats. Es lohnt sich deshalb, diesen «business-statesman» aus Winterthur genauer unter die Lupe zu nehmen.
Wenn die «Schweizer Illustrierte» Hans Sulzer einen «grossen Weltengänger» nennt, verweist sie auf seine ausgeprägte Reisetätigkeit. Was ihn aber vor allem charakterisiert, ist das geschickte Manövrieren zwischen ganz unterschiedlichen Welten. So hatte er eben die Leitung des neu strukturierten Sulzer-Konzerns übernommen, als er 1917 als Gesandter in die USA geschickt wurde, um die Amerikaner zu dringend benötigten Lebensmittellieferungen an die Schweiz zu bewegen. In den Folgejahren übte er verschiedenste Funktionen mit wechselnden Rollen aus: Vorsitzender der Geschäftsleitung und später Verwaltungsratspräsident bei Gebrüder Sulzer, Diplomat in London und Berlin, Träger von Spitzenmandaten in den wichtigsten Wirtschaftsverbänden, Verwaltungsrat in rund zwanzig verschiedenen Unternehmen, Förderer früher neoliberaler Netzwerke sowie Ehemann und Vater von drei Söhnen. Sieben Autorinnen und Autoren beleuchten Sulzers Lebenswelten – auch dank bislang unveröffentlichter privater Korrespondenz und Fotografien aus Familienalben.