»Wer mit juden well disputiren«
Deutschsprachige Adversus-Judaeos-Literatur des 14. Jahrhunderts
Manuela Niesner
Die Gattung der Adversus-Judaeos-Literatur gehört zu den ältesten und langlebigsten innerhalb der christlichen Literatur. Gegenstand der Untersuchung sind die frühesten erhaltenen Gattungsvertreter in deutscher Sprache, die – von einer Ausnahme abgesehen – bisher nicht ediert waren. Obwohl diese Schriften in einer Zeit dramatisch zunehmender, vielerorts katastrophal eskalierender Judenfeindschaft entstanden, sind sie nur in Ausnahmefällen von aggressiver Polemik geprägt. Überwiegend bestand ihr Zweck nicht in antijüdischer Agitation, sondern in der argumentativen Verteidigung christlicher Glaubensvorstellungen gegen jüdische Einwände. Damit bezeugen diese Texte die Relevanz der jüdischen Vorstellungen für die Christen insbesondere laikaler Schichten und widerlegen die Vorstellung, daß die jüdische Minderheit aufgrund ihrer Diskriminierung keinen nennenswerten Einfluß auf das religiöse Denken in einer ansonsten durch und durch christlichen Gesellschaft ausüben konnte. Im ersten Teil der Arbeit werden die Texte im Hinblick auf Quellen und Bearbeitungstendenz untersucht und nach ihrer möglichen Gebrauchsfunktion innerhalb der christlich-jüdischen Begegnung befragt. Der zweite Teil bietet eine Edition der drei Judentraktate des anonymen Österreichischen Bibelübersetzers.