Wie man über Orte spricht, an denen man nicht gewesen ist
Pierre Bayard, Lis Künzli
Wer auf Partys mit Geschichten von Reisen in exotische Länder auftrumpfen kann, hat schon gewonnen. Aber muss man dafür unbedingt dort gewesen sein? Keineswegs, meint Pierre Bayard, der uns schon mit seinem Bestseller »Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat« vergnüglich das Leben erleichterte. Wie fürs Plaudern über Ungelesenes gibt es auch für das entspannte Sprechen über nicht besuchte Orte berühmte Vorbilder: Karl May hat Winnetous Wilden Westen nie gesehen; Marco Polo, der angeblich jahrelang in China lebte, füllte sein Buch mit Fabelwesen. Selbst Jules Vernes Romanfigur Phileas Fogg trägt ein enzyklopädisches Wissen über die Welt zur Schau, die er in 80 Tagen wie im Blindflug umkreist hat. Auch Journalisten, Philosophen und Wissenschaftler schwadronierten munter über Erlebnisse aus zweiter Hand: Kant hob die Welt aus den Angeln, ohne Königsberg zu verlassen; Margaret Mead stellte mit weitgehend fiktiven Berichten über das Sexualleben auf Samoa die Anthropologie auf den Kopf. Bayards höchst unterhaltsame Typologie des Nichtreisens singt das Lob des sesshaften Reisenden: praktische Lebenshilfe für alle, die lieber zu Hause bleiben und trotzdem mitreden wollen.