Wiederbelebung einer Utopie
Probleme und Perspektiven slavischer Plansprachen im Zeitalter des Internets
Anna-Maria Meyer
Slavische Plansprachen (auch: künstliche oder konstruierte slavische Sprachen) sind ein Bereich, mit dem sich die slavische Sprachwissenschaft bisher nur wenig befasst hat. Projekte für eine gemeinsame slavische Sprache existieren jedoch bereits seit dem 17. Jahrhundert, angefangen von Juraj Križanics Ruski jezik (1666) bis hin zu Slovan von Arnost Eman Židek (1940), darunter auch einige, die bisher noch keine Aufmerksamkeit von wissenschaftlicher Seite erhalten haben. Interessant ist das slavische Plansprachenschaffen aktuell vor allem durch die Tatsache, dass es seit den 1990er Jahren mit der zunehmenden Verbreitung des Internets einen neuen Aufschwung erlebt, der sich vor allem in den drei sehr umfangreichen Projekten Slovio (1999), Slovianski (2006) und Novosloviensky jezyk (2010) zeigt. Neben einer ausführlichen Einbettung in den historischen Kontext des slavischen Plansprachenschaffens werden diese drei Projekte im Hinblick auf Schriftsystem, Grammatik und Zusammensetzung des Lexikons vergleichend untersucht. Außerdem stellt sich die Frage, ob sie als Hinweise auf einen neu erblühenden Panslavismus gesehen werden können und welche Chancen auf praktische Umsetzung man ihnen im Rahmen der derzeitigen europäischen Sprachenpolitik einräumen kann. Das theoretische Grundgerüst stützt sich sowohl auf Erkenntnisse der slavischen Sprachwissenschaft als auch auf Methoden und Termini der Interlinguistik.