Wieviel Wandel verträgt eine Tradition?
Gesang und Gebet der jüdischen Gemeinde Belgrad in den Herausforderungen der Gegenwart.
Jasmina Huber
Juden haben immer – auch in Zeiten des Ghettos – mit ihrer Umwelt kulturell interagiert. Dies zeigt sich auch in den musikalischen Traditionen der balkanischen jüdischen Gemeinden, die vereinzelt kaum erforscht wurden. Der Wandel des jüdischen Musiklebens im liturgischen und säkularen Raum wird hier exemplarisch am Beispiel der jüdischen Gemeinde Belgrads veranschaulicht. In dieser Stadt sind wegen ihrer bewegten Geschichte und des häufigen politischen Machtwechsels auf dem Balkan die Verschmelzung verschiedener kultureller Einflüsse zu finden, von denen die Juden, bereits geprägt von ihrer aschkenasischen und sephardischen Herkunft, betroffen waren. Mit der vorliegenden Fallstudie, in der Fragestellung wie deren methodische Durchführung und Umsetzung interdisziplinär angelegt sind, wird ein Desideratum der jüdischen Musikforschung auf dem Balkan erfüllt. Die Autorin nähert sich musikwissenschaftlich und judaistisch dem musikalischen Gut der Belgrader Gemeinde, indem sie es in ihrem kulturgeschichtlichen Kontext mit Blick auf den historischen Wandel und auf das soziale Umfeld erforscht sowie das Kernrepertoire der gegenwärtigen synagogalen Schabbatabend- und Morgengebete in der Gesamtheit ihrer musikalischen Abläufe darstellt.