Willi Graf und der Graue Orden
Jugendliche zwischen Kreuz und Hakenkreuz
Franz Josef Schäfer
Willi Graf zählt zum engeren Kreis der Münchner studentischen Widerstandsgruppe Weiße Rose. Die saarländische Landeshauptstadt Saarbrücken verlieh Willi Graf im Jahr 2003 anlässlich des 60. Jahrestags seiner Hinrichtung posthum die Ehrenbürgerschaft. In dieser Publikation begegnen wir dem Widerstandskämpfer vor allem als Schüler und aktiven Organisator der katholischen Jugendgruppe Grauer Orden, die in der NS-Diktatur im Untergrund agierte. Die Jugendlichen praktizierten Lebensformen, die sich nicht nur von der NS-Diktatur mit ihrer Gleichschaltung des gesellschaftlichen und politischen Lebens absetzten, sondern auch von der katholischen Amtskirche argwöhnisch betrachtet wurden. Wir lernen Willi Grafs Mitschüler aus seiner Abiturklasse und ihre Lehrer näher kennen sowie die Aktivitäten der katholisch-bündischen Neudeutschland-Gruppe des Saarbrücker Ludwigsgymnasiums.
Prägend für den jugendlichen Willi Graf sollte der Abstimmungskampf der Jahre 1934/35 über die politische Zugehörigkeit des Saargebiets werden, das als Folge des Versailler Vertrags von 1920 bis 1935 von einer Regierungskommission des Völkerbunds regiert wurde. Mit seinen Freunden befasste sich Willi Graf eingehend mit der NS-Ideologie. Bereits vor dem am 1. März 1935 erfolgten Anschluss des Saargebiets an das Deutsche Reich betätigte sich Willi Graf im Grauen Orden, der die Traditionen der Bündischen Jugend weiterführte und zwangsläufig in Konfrontation mit dem NS-Regime geraten musste. Neu ausgewertete Quellen und Zeugnisse erlauben einen Einblick in die inneren und äußeren Kämpfe und Nöte von Jugendlichen zwischen Kreuz und Hakenkreuz.