Zeit etwas Sonderbares
Isabella Feimer
Eine Frau und ihre Zeitalter – drei Momentaufnahmen, drei Stationen, drei Umbrüche. Die Einblicke in Marias Leben führen die Unausweichlichkeit der eigenen Geschichte vor, unspektakulär im Alltag, gnadenlos in ihrer Konsequenz.
Maria, zeitlebens demütig im Hinnehmen, duldsam im Ertragen, sorgsam in der Erfüllung ihrer Pflichten, träumerisch im Wünschen aber kompromisslos, wenn das eigene Ich in der Unbedeutsamkeit zu verschwinden droht.
Das Trauma einer Generation – man spricht nicht über die Dinge, nicht über eigene Gefühle, schon gar nicht über Vergangenes, Krieg, Verluste, Leid und Schuld.
Ihre innersten Ängste und Wünsche adressiert Maria an den Kosmonauten Juri Gagarin, mit dem sie – so ihre Vorstellung – den Traum von der Schwerelosigkeit in Zeit und Raum teilt.
»Schwerelosigkeit ist, wenn der eigene Körper kein Gewicht, das einem in das Leben und den vom Leben gewählten Alltag hineindrückt«
Maria nimmt ihr eigenes Leben in Abschnitten wahr. Vermeintlich fremdgesteuert, in selbst gewählten Abhängigkeiten, lebt sie ihren Alltag mit geradezu fatalistischer Hingabe und wird sich nur in wenigen Augenblicken ihrer selbst bewusst – in Form eines Seufzers, als stumme Klage.
Zwar träumt sie Zeit ihres Lebens von Möglichkeiten, erhebt jedoch die Pflichterfüllung zum obersten Prinzip. Eigene Bedürfnisse werden hintangestellt, Verdrängung wird großgeschrieben. Scham und Schuld sind ständige Begleiter.
In Panikschüben tauchen persönliche Erinnerungen auf – an den Krieg, die russische Besatzungszeit, die Folgejahre, die von Konflikten, Demütigungen und Übergriffen innerhalb der Familie geprägt waren, unerfüllte Sehnsüchte.
Eingekapselt in diesen Erinnerungen, in Gedankenfetzen, stummen Emotionen – die Toten als ständige Begleiter, die Frage nach dem Sinn und der Relation von Zeit und Erleben so offensichtlich, aber niemals ausgesprochen.
In Rückblicken, Träumen und Briefen werden die Erlebnisse Marias durch Assoziationsketten aneinandergeheftet.