Zum Umgang mit belasteter Vergangenheit im post-genozidalen Ruanda
Marcel Bohnert
Im Angesicht des blutigsten Kapitels der jüngeren afrikanischen Geschichte, dem Völkermord in Ruanda 1994, fehlen häufig die Worte für eine angemessene Darstellung der grauenvollen Begebenheiten. Die Bestialität der Massaker übersteigt jegliches Vorstellungsvermögen. Jede denkbare Form brutalster und menschenverachtender Quälerei war in Ruanda zu finden. Derjenige, der sich mit dem Genozid befasst, wird mit Geschehnissen konfrontiert, die seine ’naive Weltsicht‘ aus dem Gleichgewicht bringen und sein Menschenbild erschüttern. Die ruandische Bevölkerung steht vor der Aufgabe, mit der Erinnerung an den Völkermord zu leben.
Das zentrale Thema dieses Buches ist die ethische Frage nach dem angemessenen Umgang mit Vergangenheit und Schuld in Ruanda. Nach einer Einführung in den geschichtlichen Kontext Ruandas und den Verlauf des Völkermordes wird sich zunächst der wissenschaftlichen Ursachenforschung gewidmet. Hieraus werden Verantwortungen auf nationaler und internationaler Ebene abgeleitet. Nachdem die Situation der Überlebenden und die Grundsätze für Aufarbeitungs- und Versöhnungsprozesse vorgestellt werden, erfolgt eine Darstellung der juristischen Auseinandersetzung mit dem Genozid. Abschließend wird das bisherige Vorgehen bewertet und versucht, dessen Wirkung auf die Situation und Zukunft des Landes zu beschreiben.
Der Autor ist Offizier und hat an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg und der Central Connecticut State University in den USA Psychologie, Pädagogik, Soziologie und Ethik studiert. Er ist wissenschaftlicher Preisträger und Doktorand an der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften.