Zum Wettbewerb um Bestandskunden in der kapitalgedeckten Privaten Krankenversicherung
Die Problematik der Übertragbarkeit von Alterungsrückstellungen
Marco Bürger
In der deutschen privaten Krankenversicherung (PKV) herrscht ein ausgeprägter Wettbewerb um Neukunden, die aus einer gesetzlichen Krankenversicherung wechseln. Systembedingt sind im Gegensatz dazu Bestandskunden an ihren bisherigen Versicherer gebunden, denn bei einem Versicherungswechsel verfallen ihre bisher angesparten Alterungsrückstellungen. Diese Rückstellungen sollen steigende Kosten im Alter ausgleichen. Der Verfall der Alterungsrückstellungen führt beim neuen Versicherer zu stark erhöhten Prämien. Ein Wettbewerb um Bestandskunden ist demzufolge praktisch ausgeschlossen. Der Versicherer kann dieses Abhängigkeitsverhältnis ausnutzen. Dementsprechend werden die Prämiensteigerungen, die gegenwärtig in der PKV ein großes Problem bilden, auch als opportunistisches Verhalten der Versicherer gedeutet.
Ein funktionierender Wettbewerb würde derartige Fehlanreize unterbinden. Wettbewerb zwischen privaten Krankenversicherern bedingt eine Portabilität von Alterungsrückstellungen.
Bürger untersucht unterschiedliche Ansätze zur Übertragbarkeit von Alterungsrückstellungen aus ökonomischer Sicht. Er bezieht neben den in Deutschland ausgiebig diskutierten Modellen auch internationale und bisher kaum betrachtete Lösungsansätze mit ein. Das größte Umsetzungshindernis bei der Implementierung eines anreiztechnisch optimalen Modells ist das Informationsproblem. Hinzu kommt, dass der Krankheitszustand des einzelnen Versicherten möglichst objektiv und genau bestimmt werden muss, der daraufhin hinsichtlich seiner erwarteten Krankheitskosten bewertet werden muss. Modelle, die eine Prognose erwarteter Krankheitskosten bis zum Lebensende erfordern, sieht der Autor als nicht umsetzbar an. Lediglich zwei Modelle, die unter bestimmten Voraussetzungen zu einem ökonomisch optimalen Ergebnis führen, bedingen nicht derart komplizierte Kostenabschätzungen. Dazu zählt auch ein vom Autor entwickeltes Modell, welches sowohl im Falle vollkommener als auch unvollkommener Informationen einen fairen Wettbewerb ohne Risikoselektion ermöglicht.