Weibliche Genitalverstümmelung in Deutschland

Weibliche Genitalverstümmelung in Deutschland von Molls,  Annika
Weltweit sind rund 200 Millionen Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Inzwischen sind auch in Deutschland lebende Frauen und Mädchen von dem Eingriff bedroht. Der deutsche Gesetzgeber beschloss daher im Jahre 2013, das besondere Unrecht der im westlichen Kulturkreis bislang wenig bekannten Tat als expliziten Straftatbestand zu definieren. Die vorliegende Arbeit beleuchtet den neu geschaffenen § 226 a StGB aus ver­schiedenen Blickwinkeln. Neben dem Versuch einer konkretisierenden Auslegung des verwendeten „Verstümmelungsbegriffes“ prüft die Verfasserin insbesondere potentielle Rechtfertigungsinstrumente v.a. in Bezug auf Einwilligungsmöglichkeiten der Betroffenen und die Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Auffallend ist hier vornehmlich der Konflikt mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit der fast zeitgleich geschaffenen Rechtfertigungsmöglichkeit der männlichen Beschneidung. Neben verfassungsrechtlichen ergeben sich auch völker­rechtliche Legitimationsfragen rund um die Verankerung des § 226 a StGB und dessen Vereinbarkeit mit dem Interventionsverbot, da für die Verstümmelung weib­licher Genitalien inzwischen eine recht umfassende Auslandsstrafbarkeit vor­gesehen ist. Mit Blick auf die Tatsache, dass auch zehn Jahre nach Inkrafttreten des Tat­bestandes Taten nicht verstärkt zur Anzeige gebracht oder strafrechtlich verfolgt werden, muss außerdem kritisch hinterfragt werden, ob sich der strafrechtliche Mehrwert des Tatbestandes in reiner Symbolwirkung erschöpft oder dieser in der Lage ist, das mit dem Eingriff verbundene Dunkelfeld zu beleuchten, gar präventive Wirkung zu entfalten. Auffallend ist überdies, dass der Tatbestand ausschließlich und scheinbar pauschal „Fremdes“ unter Strafe stellt, die nach hiesigem Schönheitsideal in der westlichen Mehrheitsgesellschaft praktizierten Eingriffe am kindlichen bzw. weiblichen Genital jedoch nicht ausreichend in den Blick nimmt oder gar ausdrücklich vom Tatbestand ausschließt. Dabei belegen die Straftatbestände der Zwangsheirat und Genital­verstümmelung das Erfordernis eines nötigen Maßes interkultureller Sensibilität im Sinne erfor­der­licher Objektivität bei Strafgesetzgebung und -anwendung. Men­schenrechts­ver­achtende fremdländische Bräuche werden nicht toleriert. Zu ver­hindern ist jedoch, dass Vorurteile bestätigt, bestehende Grenzen verhärtet werden und sich Zuwan­dererinnen und Zuwanderer durch eigens für sie geschaffene Gesetze diskri­miniert fühlen.
Aktualisiert: 2023-06-26
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Weibliche Genitalverstümmelung in Deutschland

Weibliche Genitalverstümmelung in Deutschland von Molls,  Annika
Weltweit sind rund 200 Millionen Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Inzwischen sind auch in Deutschland lebende Frauen und Mädchen von dem Eingriff bedroht. Der deutsche Gesetzgeber beschloss daher im Jahre 2013, das besondere Unrecht der im westlichen Kulturkreis bislang wenig bekannten Tat als expliziten Straftatbestand zu definieren. Die vorliegende Arbeit beleuchtet den neu geschaffenen § 226 a StGB aus ver­schiedenen Blickwinkeln. Neben dem Versuch einer konkretisierenden Auslegung des verwendeten „Verstümmelungsbegriffes“ prüft die Verfasserin insbesondere potentielle Rechtfertigungsinstrumente v.a. in Bezug auf Einwilligungsmöglichkeiten der Betroffenen und die Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Auffallend ist hier vornehmlich der Konflikt mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit der fast zeitgleich geschaffenen Rechtfertigungsmöglichkeit der männlichen Beschneidung. Neben verfassungsrechtlichen ergeben sich auch völker­rechtliche Legitimationsfragen rund um die Verankerung des § 226 a StGB und dessen Vereinbarkeit mit dem Interventionsverbot, da für die Verstümmelung weib­licher Genitalien inzwischen eine recht umfassende Auslandsstrafbarkeit vor­gesehen ist. Mit Blick auf die Tatsache, dass auch zehn Jahre nach Inkrafttreten des Tat­bestandes Taten nicht verstärkt zur Anzeige gebracht oder strafrechtlich verfolgt werden, muss außerdem kritisch hinterfragt werden, ob sich der strafrechtliche Mehrwert des Tatbestandes in reiner Symbolwirkung erschöpft oder dieser in der Lage ist, das mit dem Eingriff verbundene Dunkelfeld zu beleuchten, gar präventive Wirkung zu entfalten. Auffallend ist überdies, dass der Tatbestand ausschließlich und scheinbar pauschal „Fremdes“ unter Strafe stellt, die nach hiesigem Schönheitsideal in der westlichen Mehrheitsgesellschaft praktizierten Eingriffe am kindlichen bzw. weiblichen Genital jedoch nicht ausreichend in den Blick nimmt oder gar ausdrücklich vom Tatbestand ausschließt. Dabei belegen die Straftatbestände der Zwangsheirat und Genital­verstümmelung das Erfordernis eines nötigen Maßes interkultureller Sensibilität im Sinne erfor­der­licher Objektivität bei Strafgesetzgebung und -anwendung. Men­schenrechts­ver­achtende fremdländische Bräuche werden nicht toleriert. Zu ver­hindern ist jedoch, dass Vorurteile bestätigt, bestehende Grenzen verhärtet werden und sich Zuwan­dererinnen und Zuwanderer durch eigens für sie geschaffene Gesetze diskri­miniert fühlen.
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Weltweit sind rund 200 Millionen Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Inzwischen sind auch in Deutschland lebende Frauen und Mädchen von dem Eingriff bedroht. Der deutsche Gesetzgeber beschloss daher im Jahre 2013, das besondere Unrecht der im westlichen Kulturkreis bislang wenig bekannten Tat als expliziten Straftatbestand zu definieren. Die vorliegende Arbeit beleuchtet den neu geschaffenen § 226 a StGB aus ver­schiedenen Blickwinkeln. Neben dem Versuch einer konkretisierenden Auslegung des verwendeten „Verstümmelungsbegriffes“ prüft die Verfasserin insbesondere potentielle Rechtfertigungsinstrumente v.a. in Bezug auf Einwilligungsmöglichkeiten der Betroffenen und die Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Auffallend ist hier vornehmlich der Konflikt mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit der fast zeitgleich geschaffenen Rechtfertigungsmöglichkeit der männlichen Beschneidung. Neben verfassungsrechtlichen ergeben sich auch völker­rechtliche Legitimationsfragen rund um die Verankerung des § 226 a StGB und dessen Vereinbarkeit mit dem Interventionsverbot, da für die Verstümmelung weib­licher Genitalien inzwischen eine recht umfassende Auslandsstrafbarkeit vor­gesehen ist. Mit Blick auf die Tatsache, dass auch zehn Jahre nach Inkrafttreten des Tat­bestandes Taten nicht verstärkt zur Anzeige gebracht oder strafrechtlich verfolgt werden, muss außerdem kritisch hinterfragt werden, ob sich der strafrechtliche Mehrwert des Tatbestandes in reiner Symbolwirkung erschöpft oder dieser in der Lage ist, das mit dem Eingriff verbundene Dunkelfeld zu beleuchten, gar präventive Wirkung zu entfalten. Auffallend ist überdies, dass der Tatbestand ausschließlich und scheinbar pauschal „Fremdes“ unter Strafe stellt, die nach hiesigem Schönheitsideal in der westlichen Mehrheitsgesellschaft praktizierten Eingriffe am kindlichen bzw. weiblichen Genital jedoch nicht ausreichend in den Blick nimmt oder gar ausdrücklich vom Tatbestand ausschließt. Dabei belegen die Straftatbestände der Zwangsheirat und Genital­verstümmelung das Erfordernis eines nötigen Maßes interkultureller Sensibilität im Sinne erfor­der­licher Objektivität bei Strafgesetzgebung und -anwendung. Men­schenrechts­ver­achtende fremdländische Bräuche werden nicht toleriert. Zu ver­hindern ist jedoch, dass Vorurteile bestätigt, bestehende Grenzen verhärtet werden und sich Zuwan­dererinnen und Zuwanderer durch eigens für sie geschaffene Gesetze diskri­miniert fühlen.
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Weltweit sind rund 200 Millionen Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Inzwischen sind auch in Deutschland lebende Frauen und Mädchen von dem Eingriff bedroht. Der deutsche Gesetzgeber beschloss daher im Jahre 2013, das besondere Unrecht der im westlichen Kulturkreis bislang wenig bekannten Tat als expliziten Straftatbestand zu definieren. Die vorliegende Arbeit beleuchtet den neu geschaffenen § 226 a StGB aus ver­schiedenen Blickwinkeln. Neben dem Versuch einer konkretisierenden Auslegung des verwendeten „Verstümmelungsbegriffes“ prüft die Verfasserin insbesondere potentielle Rechtfertigungsinstrumente v.a. in Bezug auf Einwilligungsmöglichkeiten der Betroffenen und die Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Auffallend ist hier vornehmlich der Konflikt mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit der fast zeitgleich geschaffenen Rechtfertigungsmöglichkeit der männlichen Beschneidung. Neben verfassungsrechtlichen ergeben sich auch völker­rechtliche Legitimationsfragen rund um die Verankerung des § 226 a StGB und dessen Vereinbarkeit mit dem Interventionsverbot, da für die Verstümmelung weib­licher Genitalien inzwischen eine recht umfassende Auslandsstrafbarkeit vor­gesehen ist. Mit Blick auf die Tatsache, dass auch zehn Jahre nach Inkrafttreten des Tat­bestandes Taten nicht verstärkt zur Anzeige gebracht oder strafrechtlich verfolgt werden, muss außerdem kritisch hinterfragt werden, ob sich der strafrechtliche Mehrwert des Tatbestandes in reiner Symbolwirkung erschöpft oder dieser in der Lage ist, das mit dem Eingriff verbundene Dunkelfeld zu beleuchten, gar präventive Wirkung zu entfalten. Auffallend ist überdies, dass der Tatbestand ausschließlich und scheinbar pauschal „Fremdes“ unter Strafe stellt, die nach hiesigem Schönheitsideal in der westlichen Mehrheitsgesellschaft praktizierten Eingriffe am kindlichen bzw. weiblichen Genital jedoch nicht ausreichend in den Blick nimmt oder gar ausdrücklich vom Tatbestand ausschließt. Dabei belegen die Straftatbestände der Zwangsheirat und Genital­verstümmelung das Erfordernis eines nötigen Maßes interkultureller Sensibilität im Sinne erfor­der­licher Objektivität bei Strafgesetzgebung und -anwendung. Men­schenrechts­ver­achtende fremdländische Bräuche werden nicht toleriert. Zu ver­hindern ist jedoch, dass Vorurteile bestätigt, bestehende Grenzen verhärtet werden und sich Zuwan­dererinnen und Zuwanderer durch eigens für sie geschaffene Gesetze diskri­miniert fühlen.
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