Der Lebensweg von Linus Scheibe
Linus Scheibe (geb. am 08.04.1873 in Hartmannsdorf bei Chemnitz u. verst. am 22.02.1921 in Hamburg-Eppendorf) erlernte den Beruf eines Handschuhmachers bzw. eines Webers. Er soll bereits von 1890 bis Februar 1901 als Redakteur tätig gewesen sein, wobei für eine solche Tätigkeit nur die Burgstädter bzw. Chemnitzer „Volksstimme“ in Frage käme. In Hartmannsdorf war er Vertrauensmann des Verbandes aller in der Textilindustrie beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen, danach hatte er von 1898 bis 1901 im dortigen sozialdemokratischen Ortsverein das Schriftführeramt inne; zudem gehörte er in genau diesen Jahren auch der Gemeindevertretung des Ortes an.
Am 14. März 1901 erhielt er eine Anstellung an der „Rheinisch-Westfälischen Arbeiter-Zeitung“ als Lokalredakteur, wo er dann bis zum 31. März 1903 arbeitete. Schon im November 1901 wurde er wegen eines kritischen Berichts über eine Gerichtsverhandlung zu einer Geldstrafe von 30 Mark verurteilt. Auf Grund seiner Tätigkeit als verantwortlicher Redakteur wurden ihm dann weitere Geldstrafen auferlegt, so am 2. Juli 1902 wegen angeblicher Beleidigung von Beamten der Zeche „Zollern I“.
Am 1. April 1903 trat er aus der Redaktion aus, um ausschließlich die Leitung des Wahlbüros zu übernehmen. Danach war Linus Scheibe als Aquisiteur tätig. In den folgenden Jahren wechselte er seine Tätigkeit recht häufig: Arbeitersekretär in Dortmund (von Juli/August 1906 bis Juni/Juli 190914), dann Rechtskonsulent am gleichen Ort (von Juni/Juli 1909 bis Ende 1910) und schließlich seit dem 13. November bzw. 1. Dezember 1910 besoldeter Parteisekretär (für den Reichstagswahlkreis Bochum-Gelsenkirchen-Witten-Hattingen) in Bochum.
In seinen Dortmunder Jahren war Linus Scheibe zunächst vom 6. Februar 1902 bis zum 13. März 1903 zweiter Vorsitzender des sozialdemokratischen Ortsvereins Dortmund. Sein Amt hatte er niedergelegt, um wenige Tage später, d. h. vom 1. April bis Juni/Juli, und dann wieder von November/Dezember 1906 bis Januar/Februar 1907 die Leitung des sozialdemokratischen Zentral-Wahlbüros Dortmund-Hörde für die am 16. Juni 1903 bzw. am 25. Januar 1907 stattfindenden Reichstagswahlen zu übernehmen.
An ehrenamtlichen Ämtern hatte Linus Scheibe vom März bis Mai 1905 den Vorsitz über die Maifeierkommission wie auch über die Kommission zur Vorbereitung der sozialdemokratischen Schillerfeier am hiesigen Ort inne. Schließlich bekleidete er vom 12. März 1905 bis zum 4. Februar 1906 die Funktion eines ersten Vorsitzenden des sozialdemokratischen Ortsvereins Dortmund. Dieses Amt übte er dann auch vom 17. Dezember 1905 bis zum 23. August 1908 im Kreiswahlverein Dortmund-Hörde aus.23 Ferner war Linus Scheibe seit dem 22. November 1905 Revisor24 und später – und zwar vom 1. Januar 1907 bis Ende November 1910 – Arbeitnehmervertreter im Vorstand der Allgemeinen Ortskrankenkasse Dortmund.
Auch hatte Linus Scheibe in seiner Dortmunder Zeit sowohl bei den im November 1905 stattfindenden Stadtverordnetenwahlen als auch im Wahlkreis Hamm-Soest bei den im Juni 1908 abgehaltenen Landtagswahlen kandidiert, allerdings jeweils ohne Erfolg.
Nach seiner Übersiedelung von Dortmund nach Bochum Ende 1910 wurde er noch im Dezember desselben Jahres zum zweiten Vorsitzenden der sozialdemokratischen Bezirksorganisation westliches Westfalen und später auch zum Vorstandsmitglied im Kreiswahlverein Bochum-Gelsenkirchen-Witten-Hattingen gewählt. Er gehörte zudem dem Aufsichtsrat des Konsumvereins „Wohlfahrt“ (Bochum) an, in dem er am 11. Oktober 1914 wiedergewählt wurde.
In Februar 1911 trat er auch dem Verein Arbeiterpresse und der Unterstützungsvereinigung der in der modernen Arbeiterbewegung tätigen Angestellten und dem Verein Arbeiterpresse bei. Bis dahin waren ihm auch mehrfach Geld- und Haftstrafen wegen seines mehr oder minder radikalen Schreib- bzw. Redestils auferlegt worden. In den letzten Jahren vor Kriegsausbruch arbeitete er als Bürobeamter bzw. -gehilfe.
Während des Ersten Weltkriegs war er als Parteisekretär tätig. Darüber hinaus arbeitete er an der von Konrad Haenisch herausgegebenen Zeitschrift „Die Glocke“ mit. Da die Redakteure Pierenkämper und Steinkamp eingezogen wurden und Klotz schwer erkrankte, trat Linus Scheibe Ende Mai 1915 aushilfsweise in die Redaktion des Bochumer „Volksblatts“ ein und musste sie dann vom 23. August bis zum 15. September 1915 an ganz allein besorgen. Im Juni 1916 wurde Linus Scheibe das Amt eines Schriftführers des sozialdemokratischen Kreiswahlvereins Bochum-Gelsenkirchen-Witten-Hattingen übertragen. Schließlich wurde auch Linus Scheibe eingezogen und musste Kriegsdienst leisten.
Nach dem Ersten Weltkrieg bzw. der Novemberrevolution, d. h. von November/Dezember 1918 bis April 1919, war er dann Kontrolleur der Regierung in Arnsberg. Danach gehörte er vom 7. April 1919 bis zum 31. Januar 1920 der Redaktion des neu gegründeten und in Stendal erscheinenden „Altmärker Volksfreunds“ an, wo er seit dem 5. Januar 1920 für Politik, Wirtschaft und Unterhaltung verantwortlich war. Bis dahin hatte er sogar die Verantwortung für den gesamten Inhalt getragen, und zwar mit einer vom 15. Juli bis zum
5. August 1919 dauernden Unterbrechung.
In Stendal entdeckte er ein neues Betätigungsfeld: die Kommunalpolitik; so wurde er am 6. April 1919 zunächst in den von der sozialdemokratischen Gemeindevertreterkonferenz gebildeten Arbeitsausschuss delegiert. Wenige Monate später, am 18. August des gleichen Jahres, wurde er zum unbesoldeten Mitglied des dortigen Magistrats gewählt.
Des Weiteren engagierte er sich Linus Scheibe in der Bildungspolitik: Am 25. Juni 1919 entsandte ihn die Generalversammlung des Sozialdemokratischen Wahlvereins Stendal in den örtlichen Bildungsausschuss, dem er dann bis Ende Januar 1920 angehörte. Schließlich war er Mitglied des Unterausschusses für die Stendaler Volkshochschule.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Redaktionskollegium des „Altmärker Volksfreunds“ verzog Linus Scheibe am 5. Februar 1920 nach Hamburg, wo er vom gleichen Monat an bis zu seinem Tode am 22. Februar 1921 als Leiter des literarischen Büros der „Volksfürsorge. Gewerkschaftlich-genossenschaftliche Versicherungsgesellschaft zu Hamburg“ angestellt war. Dabei handelte es sich um „ein gewerkschaftlich - genossenschaftliches Unternehmen auf g e m e i n n ü t z i g e r Grundlage; sie [die Volksfürsorge] liefert den bei ihr Versicherten die Versicherung zum S e l b s t k o s t e n p r e i s e .“ Im Nachruf wurde ausdrücklich hervorgehoben, dass er sich trotz seines Alters und „trotz des schwierigen und ihm zunächst fremden Arbeitsgebietes des Versicherungswesens verhältnismäßig schnell eingearbeitet und alles daran gesetzt“ habe, „den Gedanken der Volksversicherung in der Arbeiterschaft wirksam zu propagieren, um dieses Unternehmen auf die Stufe zu bringen, auf die es gehört.“ ...
Aktualisiert: 2021-05-06
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