Die Leiblichkeit als zunehmendes Thema interdisziplinärer Diskussion ist trotz gewichtiger phänomenologischer Ansätze bislang nicht aus ihrer welthaften Vergegenständlichung gelöst worden. Im Rückgriff auf den maßgeblichen französischen Phänomenologen Michel Henry, dessen Denken hier erstmals insgesamt dargestellt wird, erweist sich eine "Destruktion" des ausschließlich ekstatischen Erscheinungsprinzips in der abendländischen Philosophie als notwendig. Denn erst in der rein immanenten Selbstaffektion des Lebens als Identität von Ego und "Leib" ist das Wesen der Leiblichkeit im Sinne der Urphänomenalität auszumachen.
Diesen Weg zur transzendentalen Affektivität zeichnet das Buch systematisch wie "historial" nach, d.h. als Freilegung der meist ungenannt an-wesenden Immanenz als Wesensoffenbarung allen Erscheinens diesseits von Bewußtsein, Vorstellung und Unbewußtem. Im Anschluß an die eidetische Bestimmung der pathischen Strukturgesetzmäßigkeiten der absolut subjektiven Affektivität werden die gesellschaftlichen wie kulturellen Konsequenzen dieser neu aufgefundenen Leibrealität diskutiert. Diese führen insbesondere auch zu einer vorintentionalen Sicht der Inter-subjektivität im Sinne eines gemeinschaftlichen Mit-Pathos sowie zur Neubesinnung der Rolle gesellschaftlicher Arbeit und der Lebensselbstzerstörung im Rahmen wissenschaftlich-technischer Entwicklung.
Aktualisiert: 2021-12-28
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Ausgehend vom Abbildproblem zeigt der Autor, dass uns das traditionelle Denken vor eine Alternative zwischen Scylla und Charybdis stellt: Entweder wir leben als Solipsist - was absurd ist -, oder wir nehmen irgendwelche Hinterwelten im Sinne einer objektiven Realität in Kauf - was der unmündigen Flucht in Glaubensbekenntnisse der unterschiedlichsten Couleur entspricht. Die naturwissenschaftlichen sind hierbei nicht wahrer als die religiösen; sie dominieren lediglich, weil sie uns Verfügbarkeit und Macht ermöglichen. Eine konsequente Unterscheidung zwischen vorstellendem und begrifflichem Denken gestattet es, einen offenen Lösungsweg als tertium datur zu entwickeln. Dieser besteht in einem Denken aus dem Ursprung: Letzterer bildet den intersubjektiven Zusammenhang (kein Solipsismus), der die subjektiven Welten - mit all ihren Theorien - ermöglicht und trägt (keine Hinterwelten). In der „Radikalen Lebensphänomenologie" von Michel Henry liegt ein solcher Ansatz bereits ausgearbeitet vor, und dieses Buch kann als Hinführung gelesen werden, die sich um eine verständliche Sprache bemüht. Seine wichtigsten Ergebnisse bestehen in einer Klarstellung der individuellen Psyche, der Bedeutung von Geschichten und einem Umdenken im Zeitverständnis.
Inhalt
1. Gedanken zur Abbildtheorie: 1.1. Objektive Realität * 1.2. Abbildtheorie * 1.3. Kritik der Abbildtheorie * 1.4. Konsequenzen der Kritik
2. Mathematisch-physikalischer Exkurs: 2.1. Beweise * 2.2. Relativität * 2.3. Paradigmen
3. Formen des Gegebenen: 3.1. Begriffe * 3.2. Empfindungen * 3.3. Objekte
4. Radikale Lebensphänomenologie: 4.1. Die Frage nach dem Subjekt * 4.2. Objekte als Geschichten * 4.3. Die Zeit * 4.4. Jenseits von Scylla und Charybdis
Aktualisiert: 2022-10-19
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Besonders zwei Aspekte aus der Philosophie von Michel Henry werden in den Beiträgen des vorliegenden Bandes eingehend besprochen: Einmal seine Kunstphilosophie, die in der ästhetischen Existenz einen herausragenden Vollzug des Lebens sieht und die er vor allem in Auseinandersetzung mit der Malerei, aber auch mit den theoretischen Schriften von Wassily Kandinsky entfaltet hat. Der zweite Schwerpunkt liegt auf seiner Religionsphilosophie, in der Henry ausgehend von einer radikalen Phänomenologie des Lebens sich nicht der Frage widmet, ob das Christentum wahr oder falsch ist, sondern es ihm vielmehr darum geht, welche Art von Wahrheit das Christentum zu denken aufgibt und damit den Menschen als Heil anbietet. Eine wegweisende Besonderheit der Henryschen Philosophie ist es dabei, dass diese beiden Bereiche nicht getrennt neben einander existieren, sondern im Innersten engstens verbunden sind.
Aktualisiert: 2022-11-09
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Die Beiträger dieses Bandes diskutieren Michel Henrys Marx-Rezeption in Bezug auf Gesellschaft, Geschichte und Ökonomie. Im Mittelpunkt steht dabei eine radikal phänomenologische Einschätzung des Individuums, wie sie Marx besonders mit Blick auf "subjektive Arbeit" und "Ideologie" analysierte. Henry sieht darin einen fundamentalen Beitrag zur Neubestimmung des Zusammenhangs von Subjektivität und Gemeinschaftlichkeit. Von hierher wird u.a. gefragt, inwiefern der Prozess der Globalisierung eine Revision bisheriger Marxinterpretationen nötig machen wird.
Aktualisiert: 2022-10-20
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Zeichnete sich im deutschsprachigen Raum Ende der 90er Jahre eine eigenständige Rezeption der Philosophie Michel Henrys ab, so ist zehn Jahre später die Arbeit mit und an der Lebensphänomenologie keine Randerscheinung mehr. Der Band versammelt einige dieser Arbeiten sowohl über die theoretischen Grundlagen der Phänomenologie des Lebens als auch über ihre praktische Bedeutung in der bildenden Kunst, in Psychotherapie, Mystik und Glaube sowie in der Ethik. Zugleich ist der Band eine Hommage an Rolf Kühn, dem es zu verdanken ist, dass Michel Henry in Deutschland bekannt geworden ist.
Aktualisiert: 2021-12-28
Autor:
Gisela Eife,
Michel Henry,
Sophia Kattelmann,
Sebastian Knöpker,
Michel Lahoud,
Jean Reaidy,
Thomas Rolf,
Julia Scheidegger,
Frédéric Seyler,
Marco Antonio Sorace,
Johannes Soukup,
Michael Staudigl,
Michael Titze,
Sebastian Treyz,
Karl Heinz Witte,
Pierre Ziade
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Beinhaltet die Lebensphänomenologie Michel Henrys eine Ethik und, wenn dies der Fall ist, welches sind ihre Grundzüge? Das vorliegende Buch will dieser Fragestellung nachgehen und den von Henry nur skizzierten ethischen Ansatz systematisch untersuchen und verfolgen. Die henrysche Alternative zwischen Barbarei und Kultur, sowie die zentrale Stellung des Lebensbegriffs als immanenter Affektivität bieten sich als Leitfaden an, um die Möglichkeit und den Sinn einer Ethik der Affektivität zu erfassen. Doch wie kann ein ethischer Diskurs über das immanente und somit vorintentionale Leben überhaupt stattfinden? Der im letzten Teil der Untersuchung entwickelte Begriff der Quasi-Performativität soll dieses Problem lösen helfen und zugleich aufzeigen, dass die Lebensphänomenologie als solche eine ethische Praxis darstellt.
Aktualisiert: 2021-12-28
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Nach etlichen Publikationen zu Husserl und Henry geht es in diesem Band darum, eine systematische Erforschung der Bezüge zwischen Henrys radikaler Phänomenologie des Lebens und dem Denken Martin Heideggers auf den Weg zu bringen. Untersuchungen zu den zentralen Begriffen „Sein“, „Existenz“, „Leben“ sowie zur Sprache und zur Kunst nehmen das Gesamtwerk beider Autoren in den Blick. Nicht zuletzt geht es in diesem Rahmen auch um die Aktualität der Phänomenologie bzw. Ontologie als philosophische Orientierung im Leben und in der Existenz.
Aktualisiert: 2021-12-28
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Der reduktive Zugang zur Selbstaffektion beruht bei Michel Henry, dem Begründer der Lebensphänomenologie, u.a. auf Meister Eckharts Ontologie und negativer Erkenntnislehre. Deshalb werden im I. Teil dieses Sammelbandes die entsprechenden Kapitel aus Henrys frühem Hauptwerk "L'Essence de la manifestation" in deutscher Übersetzung geboten. Darauf folgt im II. Teil die bisherige Rezeption dieses Eckhartverständnisses sowie im III. Teil eine allgemeinere Diskussion zentraler Eckhartaussagen über Ich, Gott, Nichts usw. seitens ausgewiesener Eckhartforscher. Im Zentrum steht dabei die Erkenntnis wie die Praxis des Lebens in philosophischer, mystischer, spiritueller und ethischer Hinsicht.
Aktualisiert: 2022-11-09
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