Das Spurenelement Kupfer spielt durch seine Beteiligung an zahlreichen physiologischen Prozessen eine essentielle Rolle im menschlichen und tierischen Organismus. Zur Erhaltung der Gesundheit und der Produktivität von Milchkühen ist daher eine adäquate Zufuhr von absorbierbarem Kupfer über das Futter unabdingbar. Aufgrund der besonderen Verdauungsphysiologie von Wiederkäuern stellt die optimale Futterzusammenstellung eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Gelingt die adäquate Kupferversorgung über die Nahrung nicht, kann es zu bedrohlichen Mangelerscheinungen oder Vergiftungen kommen, die nicht nur Einzeltiere, sondern auch die ganze Herde betreffen können. Um im Verdachtsfall schnell gegensteuern zu können, sind geeignete Diagnostika zur Erkennung der Versorgungslage und das Wissen um die Besonderheiten des Kupferstoffwechsels beim Rind von großer Bedeutung.
Im Fokus dieser Arbeit stand die Untersuchung der Kupferversorgung bei Milchkühen. Hierfür wurden Daten von 243 Milchviehbetrieben aus den östlichen Bundesländern ausgewertet, die zuvor im Rahmen der Bestandsbetreuung durch die Klinik für Klauentiere der FU-Berlin im Zeitraum von 2007 bis 2014 erhoben worden waren. Die Daten umfassten die Analyseergebnisse der Kupferkonzentration in Blut-, Haar-, Urin- und Kotproben von Kühen in verschiedenen Laktationsabschnitten. Die anschließende statistische Auswertung der Analyseergebnisse hatte zum Ziel, die Verteilung und das Verhalten des Spurenelements Kupfer in den einzelnen Probenmedien zu ermitteln, um daraus ihre jeweilige diagnostische Eignung zur Beurteilung des Kupferstatus bei Milchkühen abzuleiten und Referenzbereiche für eine physiologische Kupferkonzentration in den Probenmedien zu definieren. Zusätzlich wurden Zusammenhänge zwischen der Kupferkonzentration in den Probenmedien und anderen Parametern, wie den Serummesswerten anderer Mengen- und Spurenelemente, chemischen und hämatologischen Blutparametern sowie Produktions- und Fruchtbarkeitskennzahlen, untersucht. Um mögliche Einflüsse der (Jahres-)zeit, des geographischen Standorts sowie des Laktationsstadiums auf die Kupferkonzentration in den Probenmedien zu identifizieren, wurde zudem eine Varianzanalyse durchgeführt.
Aus den Ergebnissen der statistischen Auswertung lässt sich schließen, dass alle Probenmedien außer Urin die Versorgungslage des Organismus mit dem Spurenelement Kupfer widerspiegeln, sie zur Diagnose einer Unter- oder Überversorgung mit Kupfer jedoch nur eingeschränkt nutzbar sind. Der Kupfergehalt im Urin bewegt sich überwiegend im niedrigen Konzentrationsbereich. Deshalb wird eine diagnostische Eignung dieses Probenmediums, Versorgungsschwankungen zuverlässig anzuzeigen, bezweifelt. Unter den Blutprobenmedien nimmt die Kupferkonzentration im Plasma die höchsten Werte an, gefolgt von Vollblut und Serum, wobei letzteres die geringste Kupferkonzentration im Blut aufweist. Die Korrelationsanalyse zeigte, dass sich ein Anstieg der Kupferkonzentration im Blut am stärksten im Plasma niederschlägt. Deshalb wird die Konzentrationsanalyse des Plasmakupfers innerhalb der Blutprobenmedien als Diagnostikum der Wahl eingestuft. Das Probenmedium Haar spiegelt den Versorgungsstatus zeitverzögert wider. Es kann daher nicht verwendet werden, um kurzfristige Versorgungsschwankungen festzustellen, wohl aber, um sich einen Überblick über die Kupferversorgung der letzten Monate zu verschaffen. Fäkale Kupferkonzentrationen spiegeln eliminiertes und nicht aus der Nahrung absorbiertes Kupfer wider. Sie können beim Verdacht auf eine alimentäre Unter- oder Überversorgung zusätzliche Hinweise liefern.
Die Korrelationsanalysen zwischen der Kupferkonzentration in den einzelnen Probenmedien und hämatologischen sowie chemischen Blutparametern ergaben keine nennenswerten Zusammenhänge. Ähnlich verhielt es sich mit den Leistungs- und Produktionskennzahlen, die im Gegensatz zu den Erwartungen gar nicht oder nur äußerst schwach mit dem Kupferstatus korrelierten und deshalb zur Ableitung von Erkenntnissen nicht ausreichten. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, müsste in einer Folgeuntersuchung das Versuchsdesign entsprechend geändert werden. Die signifikant positiven Korrelationen zwischen der Kupferkonzentration in den Blutprobenmedien und den Serummesswerten anderer Mengen- und Spurenelemente ließen auf eine gleichmäßige Zufuhr dieser Nährstoffe schließen und unterstützten die Annahme einer bedarfsgerechten Versorgung der Probanden. Die Varianzanalyse zeigte deutlich, dass der Kupferstatus von Milchkühen (jahres-)zeitlichen und geographischen Einflüssen unterliegt. So verzeichneten Kühe im vierten Quartal des Jahres die höchsten mittleren Plasmakupferkonzentrationen. Dies kann als Hinweis dafür verstanden werden, dass bei herbstlichen Temperaturen der Kuhkomfort und damit auch die Futter- und Spurenelementaufnahme steigen. Kühe aus Thüringen wiesen im Vergleich der Bundesländer den niedrigsten Kupferstatus im Plasma auf. Dies kann an niedrigeren Kupferkonzentrationen im Grundfutter oder der TMR liegen. Es kann aber auch damit zusammenhängen, dass in den übrigen Bundesländern vergleichsweise mehr Kupfer über Mineralergänzungsfutter supplementiert wird. Den Einfluss des Laktationsstadiums auf die Kupferkonzentration betreffend, lässt sich zusammenfassend feststellen, dass frischmelkende Kühe unmittelbar nach der Kalbung in allen drei Blutprobenmedien die höchste Kupferkonzentration aufwiesen. Während der Früh- und der Hochlaktation sank die Kupferkonzentration, um bei Kühen in der Vorbereiterphase den niedrigsten Wert anzunehmen. Diese wellenförmige Dynamik der Kupferkonzentration im Blut sollte in Form von getrennten Referenzbereichen für Vorbereiter, Früh- und Hochlaktationskühe auch in der Routinediagnostik berücksichtigt werden. Im Haar war die Laktationsdynamik zeitlich verschoben. Die höchste Kupferkonzentration fand sich im Haar von Hochlaktationskühen.
Aktualisiert: 2021-04-22
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