Autor: Edgar Noßmann, Taschenbuch, 240 Seiten, 29 Fotos.
AUS DEM VORWORT:
Vorwort
Mit meinem 9jährigen Enkel Oscar stand ich im Halbdunkeln des Hausbodens. Für einen Jungen ist so ein Besuch ja immer ein Abenteuer. Neugierig zog er auch sofort einen alten Koffer ans Licht und öffnete ihn. Große und kleine Fotografien, einige gerahmt und unter Glas, waren der Inhalt.
Schon griff Oscar sich eines der eingerahmten Bilder. Auf einem Eisbärenfell sitzend, lachte uns ein Baby entgegen, etwas mollig und mit sehr großen, strahlenden blauen Augen.
„Opa, wer ist denn das?“ sah er mich fragend an.
Auf meine Antwort „Das bin ich, 6 Monate alt.“ wollte er sich ausschütten vor Lachen. Sah mich dann aber ernüchtert an:
„Opa, du warst auch einmal ein Baby – das glaub ich nicht, das kann ich mir gar nicht vorstellen.“ Jetzt kam ich ins Grübeln. Kein junger Mensch kommt auf den Gedanken, dass sein Großvater auch einmal ein Kind war. Dabei wäre es doch interessant, zu erfahren, womit sich Kinder vor vier Generationen auseinanderzusetzen hatten.
Danach fand er eine uralte Ansichtskarte. Sie zeigte drei, etwas abenteuerlich gekleidete, lachende Männer, die große Bierkrüge dem Betrachter des Bildes entgegen streckten.
Er trat mit der Karte in der Hand an das Fenster und las laut: „Einen feuchten Gruß aus dem Erfurter Blechbüchsenviertel“.
„Opa, dass muss aber putzig ausgesehen haben, wenn die Häuser aus Blechbüchsen gebaut waren!“
„Nun“, sagte ich, „mit den Häusern hat die Namensgebung nichts zu tun. Die bezog sich auf den Boden, auf dem die Häuser standen.“
Oscar blickte nachdenklich aus dem Fenster.
Auch Erfurt-Nord war solide gemauert. Der Boden war Ackerland. Vor Jahren wurde hier Kies abgebaut. Nach viereinhalb Meter Tiefe stieß man auf Grundwasser und die Arbeiten wurden eingestellt. Diese Gruben nutzten die Stadt Erfurt und die Erfurter. Hier wurde der Müll und im Winter die Asche abgekippt. Bis in die Neuzeit hatte Erfurt kein Entsorgungsproblem.
Da waren viele Blechbüchsen dabei. Es gab damals noch keine Plastefolie und andere moderne Verpackungen, auch das Einfrieren von Lebensmitteln kannte man nicht. Zum Konservieren dienten einzig Blechbüchsen. Später wurde das Arial wieder mit Erde überzogen und Korn ausgesät.
In der Gründerzeit begann Erfurt zu boomen, eine Ausdehnung war nur nach Norden möglich. Tausende Menschen aus dem bäuerlichen Umland fanden hier in den neuerrichteten Fabriken Arbeit und später ein Zuhause. Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften, Sparvereine und viele private Bauunternehmer lösten einen über Jahrzehnte gehenden Wohnungsbau aus. So entstand auf den 3 Kilometern zwischen der Stadt Erfurt und dem Dorf Ilversgehoven der neue Stadtteil.
Beim Bauen stieß man gelegentlich auf eine solche Grube und fand auch Blechbüchsen. Da spotteten die Alt-Erfurter: „Das Haus steht auf Blechbüchsen.“ Voller Häme gaben sie dem Stadtteil den Namen Blechbüchsenviertel. Damit war der Trennungsstrich zwischen Ur-Erfurtern und den meist bäuerlichen Bewohnern mit unterschiedlichen Dialekten und Gewohnheiten gezogen, die sogarnicht in das städtische Erscheinungsbild passten. Erfurt wurde sozusagen multikulturell.
Der Stadtteil entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem selbständigen Gemeinwesen, das überwiegend von Arbeiterfamilien, niederen Angestellten und Beamten bewohnt wurde. Dazu gesellten sich Handwerker aller Berufe. Ladengeschäfte öffneten in jedem zweiten Haus und sicherten die Versorgung.
Ein Kino und ab 1925 ein großes Freibad machten den Stadtteil lebenswert. Zahlreiche Ärzte sicherten die medizinische Versorgung ab. Eine Gaststätte an jeder Ecke und gute Tanzlokale förderten das Gemeinschaftsgefühl.
Erfurt-Nord wurde zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor der Stadt. Dennoch blieb die Geringschätzigkeit der Alt-Erfurter weit über Generationen erhalten, auch die heute hier Lebenden spüren das noch.
Das Buch zeigt den Schauplatz einer erfüllten und lebenswerten Kindheit, die zwar keine Fernseher, Handy, Computer und teure Markenkleidung kannte, dafür aber Straßen und Plätze zum Austoben hatte. Uns Kindern gehörte nach dem Schulunterricht die Straße, die heute kein Kind mehr gefahrenlos betreten kann. Niemand besaß in unserem Wohnviertel ein Auto, Fahrräder lehnten an der Hauswand. Wettlaufen ums Karee und Ballspielen verschafften uns reichlich Bewegung. Übergewichtige gab es nicht.
Am Anfang der 1930er Jahre hatten in Deutschland 7 Millionen Menschen keine Arbeit. Dann warf der Nationalsozialismus seine Schatten über uns Kinder und Jugendliche. Auf den Schlachtfeldern Europas wurden wir zu Männern.
Schließlich waren wir es, die Überlebenden unserer Generation, Männer und vor allem Frauen, die das Land nach dem verheerendsten aller Kriege für die nachfolgenden Generationen lebens- und liebenswert gemacht haben.
Mein Buch ist der Versuch, diese vergangene Zeit vor dem Vergessen werden zu bewahren und den heute Lebenden begreifbar zu machen.
Das sind Geschichten heiter und besinnlich, auch traurig und manchmal nicht ohne Sarkasmus.
INHALT:
Vorwort 5
Geburt 8
Mein Name 11
Die junge Familie 12
Feiertage in Herrenhof 13
Kleinkinderinnerungen 19
Jähzorn des Vaters 22
Umzug in die Trifftstraße 24
Das erste Einkommen 28
Senta 32
Schuleinführung 35
Zander & Co. 39
Erste Aufklärung 43
Hitler in Erfurt 44
Ein langer Schulweg 46
Toiletten 49
Waschhaus 51
Mutters Familie 52
Meine Cousine Ingeborg Petermann 56
Hindenburgs Tod 58
Die erste Tinte 59
Fritzer 61
Der Pfiff 62
Ettersberg 64
Ährenlesen, Kartoffeln stoppeln und Koks sammeln 66
Die Burg 68
Einkauf mit Tante Marta 71
Essen austragen 76
Ringelberg 78
Zahnarzt Hettenhausen 80
Ferien in Herrenhof 82
Religion 88
Heimatkunde 91
Heimarbeit 98
Pimpfe 101
Dr. Kaufmann 106
Pfingstausflug nach Reinhardsbrunn 111
Maikowskiplatz 114
Die Eismänner 116
In Hopfgarten 118
Nachtigallen 124
Die Katze 127
Plätzchen backen 128
Fastnacht 1937 129
Vogelschießen 133
Luisenpark 136
Lesesaal 140
Kohlen 144
Zigeuner 147
Martini 153
Luft raus lassen 155
Die Veilchen 156
Kaserne 157
Luftschutz 159
Erbsen lesen 161
Mutters Freundinnen 165
Frühlingserwachen 168
Troisdorf 173
Metallstraße 183
Progromnacht 184
Das Volk der Sammler 187
Rundflug über Erfurt 193
Kriegsbeginn 196
Vom Laufjungen 197
Kriegsbeute 200
Umzug zur Metallstraße 203
Das böse Lied 207
Kinoerinnerungen 208
Sind Neger Menschen? 213
Briefmarken 214
Ein Weihnachtsgeschenk mit Nachwirkungen 218
Die Qual der Wahl 226
Ende einer Kindheit 230
Die Firma 234
Autor Edgar Noßmann 237
Aktualisiert: 2019-12-28
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