(Massen-)Medien kommunizieren, und sie werden medienspezifisch gestaltet, um optimal zu kommunizieren. Diese Alltagssicht auf die Medien ist in vielerlei Hinsicht problematisch; im Minimum unterstellt sie einen sehr simplifizierten Medien- und Kommunikationsbegriff, außerdem bleibt unklar, was “optimal” denn genau bedeutet: optimal im Sinne eines Verstehens von übermittelten Informationen durch die Rezipienten, optimal im Sinne einer Adressierung der größtmöglichen Zahl von Rezipienten oder optimal im Sinne einer bestmöglichen Kapitalverwertung?
Was, wenn in Anlehnung an Brechts Radiotheorie Massenmedien, wie wir sie kennen, meist eben gerade nicht kommunizierten? Dann hieße optimale Mediengestaltung, optimal im Sinne eines dialogischen, wechselseitig offenen “demokratischen” Kommunikationsprozesses, dass die Struktur der vorhandenen Medien zunächst in das Gegenteil des Vertrauten umgekehrt werden müsste. In diesem Sinne spricht man bereits für Karl Kraus’ legendäre Zeitschrift Die Fackel von einem “Anti-Medium”.
Von diesem Begriff ausgehend, versucht Jan Steinbach sich an einer kleinen Theorie des Antimediums, wobei er an diverse kunst- und medienkritische Ansätze der historischen Avantgarde anknüpfen kann, sich aber auch auf aktuelle Strömungen einer selbst ernannten “Kommunikationsguerilla” wie Adbusting, Semiotic Snipping, Fake Advertising usw. bezieht. “Antimedium” sei also ein (Massen-) Medium, das im Gegensatz zu den herrschenden Medien im Sinne von Hans Magnus Enzensbergers Baukasten den Rezipienten aktiviert, statt ihn bloß zu betäuben.
Dieses Heft sucht nach neuen Kommunikationsstrategien. Es besteht aus einem kulturtheoretischen Essay, der sich mit der abstrakten Problematik des Antimediums auseinandersetzt, andererseits bietet es ein illustriertes Magazin, das den gestalterischen Versuch unternimmt, selbst Antimedium zu sein. Abgerundet wird die Arbeit durch ein “Antimedien- materialistisches Manifest”, das eine Art Anleitung zum Erstellen eines “Antimediums” für jedermann liefert.
Jan Steinbach, geb. 1983, studierte Kommunikationsdesign an der Merz
Aktualisiert: 2023-05-22
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(Massen-)Medien kommunizieren, und sie werden medienspezifisch gestaltet, um optimal zu kommunizieren. Diese Alltagssicht auf die Medien ist in vielerlei Hinsicht problematisch; im Minimum unterstellt sie einen sehr simplifizierten Medien- und Kommunikationsbegriff, außerdem bleibt unklar, was “optimal” denn genau bedeutet: optimal im Sinne eines Verstehens von übermittelten Informationen durch die Rezipienten, optimal im Sinne einer Adressierung der größtmöglichen Zahl von Rezipienten oder optimal im Sinne einer bestmöglichen Kapitalverwertung?
Was, wenn in Anlehnung an Brechts Radiotheorie Massenmedien, wie wir sie kennen, meist eben gerade nicht kommunizierten? Dann hieße optimale Mediengestaltung, optimal im Sinne eines dialogischen, wechselseitig offenen “demokratischen” Kommunikationsprozesses, dass die Struktur der vorhandenen Medien zunächst in das Gegenteil des Vertrauten umgekehrt werden müsste. In diesem Sinne spricht man bereits für Karl Kraus’ legendäre Zeitschrift Die Fackel von einem “Anti-Medium”.
Von diesem Begriff ausgehend, versucht Jan Steinbach sich an einer kleinen Theorie des Antimediums, wobei er an diverse kunst- und medienkritische Ansätze der historischen Avantgarde anknüpfen kann, sich aber auch auf aktuelle Strömungen einer selbst ernannten “Kommunikationsguerilla” wie Adbusting, Semiotic Snipping, Fake Advertising usw. bezieht. “Antimedium” sei also ein (Massen-) Medium, das im Gegensatz zu den herrschenden Medien im Sinne von Hans Magnus Enzensbergers Baukasten den Rezipienten aktiviert, statt ihn bloß zu betäuben.
Dieses Heft sucht nach neuen Kommunikationsstrategien. Es besteht aus einem kulturtheoretischen Essay, der sich mit der abstrakten Problematik des Antimediums auseinandersetzt, andererseits bietet es ein illustriertes Magazin, das den gestalterischen Versuch unternimmt, selbst Antimedium zu sein. Abgerundet wird die Arbeit durch ein “Antimedien- materialistisches Manifest”, das eine Art Anleitung zum Erstellen eines “Antimediums” für jedermann liefert.
Jan Steinbach, geb. 1983, studierte Kommunikationsdesign an der Merz
Aktualisiert: 2021-07-06
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