Die Herstellung des Gablonzer Weihnachtsschmuckes hat eine lange Tradition. In der kargen Gegend des Riesen- und Isergebirges mit dem Handelsplatz Gablonz an der Neiße, wo Ackerbau im größeren Umfang schwer möglich war und wo es außer den einzelnen Glashütten weiter keine Erwerbsquellen gab, hielten die dort wohnenden Menschen Ausschau nach Arbeitsmöglichkeiten die sich im Hause verrichten ließen. Dadurch entwickelte sich im Zusammenhang der Glasbranche und Bijouterie eine große Heimindustrie.
So wurden u.a. in den Familien aus Glasröhren, den Halbfabrikaten aus den Glashütten, die Perlen vor der "Lampe", der Energiequelle in Form eines Öllämpchens mit Blasebalgverstärkung, oder später mit einer Art Bunsenbrenner aufgeblasen. Auf diese Weise entstanden die frei aus der Hand ohne formgebende Hilfsmittel aufgeblasenen sogenannten "Freihandperlen". Später blies man die Glasröhren, auch wieder vor der "Lampe", mit Hilfe einer in dieser Region entwickelten Perlenformmaschine zur "Formperle" auf. Es wurden Formen entwickelt, die bis zu 10 cm lange Abschnitte mit aneinandergereihten Perlen, die sogenannten Klautsche, entstehen ließen. Mit dem "Feilmesser" wurden die Perlabschnitte getrennt. Die einzelnen Perlen oder Klautsche erhielten noch einen Silber- oder Farbeinzug.
Vater und Großvater waren in der Regel für das Aufblasen der Perlen zuständig. Dieses Perlenmaterial reihten fleißige Hände von Mutter, Großmutter und Kindern auf Draht zu bestimmten Formationen. Es entstanden Miniaturnachahmungen von Gegenständen aus dem täglichen Gebrauch, Darstellungen aus der Tierwelt, Phantasiegebilde, technische Neuerungen wie der Zeppelin, die Eisenbahn, das Auto. Die Familien wetteiferten im harten Konkurrenzkampf um eine originelle Gestaltung bei den glitzernden Weihnachtsbaumanhängern.
Die Vielfalt als Ergebnis der Hausindustrie reicht über Flugzeug, Schlitten, Puppenwagen, Fahrrad, Schere, Libelle, Spinne, Stern, Küchenrolle, Schmetterling bis hin zur Kanone.
In der gleichen Weise wie früher werden auch heute noch die Weihnachtsbaumanhänger mit hohlgeblasenen Perlen gefertigt. Jedes einzelne Objekt ist in all seinen Herstellungsstufen von Hand gefertigt, wie "vor 100 Jahren". Die heutigen Stücke unterscheiden sich zu den alten nur dadurch, daß der Silbereinzug noch nicht verblaßt oder an den Lochrändern geschwärzt ist, Kerzenreste mit vereinzelten Tannennadeln sind noch nicht durch etliche Weihnachtsfeste an ihnen verklebt, die Drähte sind noch nicht angerostet - Spuren, die wir bei den alten Objekten nostalgisch einkalkulieren.
Für alte Objekte werden im Handel oder in den alljährlichen Weihnachtsauktionen Summen zwischen DM 30,- und 200,- gezahlt.
So sind die heute hergestellten Objekte mit hohlgeblasenen Perlen nicht nur vom Erscheinungsbild, sondern auch vom finanziellen Aspekt her wirkliche Kostbarkeiten.
Außer den hohlgeblasenen Perlen wurden neben der Verwendung anderer untergeordneter Materialien auch Rocaillesperlen (die kleinen, fast runden, gläsernen Perlen, die uns aus der Biedermeierzeit geläufig sind) und Glasstifte (längere Abschnitte aus feingezogenen Röhren) für diese Art Weihnachtsschmuck verwendet.
Objekte aus Rocaillesperlen und Glasstiften sind in Anlehnung an den traditionellen Christbaumschmuck gefertigt. Die Röhren, aus denen die Stifte geschnitten werden, sind hier noch zusätzlich zur üblichen Herstellung gedreht. Durch diese besondere glastechnische Fertigungsweise, die speziell für den Christbaumschmuck wieder aufgegriffen wurde, wird die Lichtbrechung bei den Objekten am Weihnachtsbaum erhöht.
Sowohl die hohlgeblasenen Perlen oder Klautsche, wie auch die Rocaillesperlen und Glasstifte haben einen ,echten" Silbereinzug.
Aktualisiert: 2008-11-05
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Glasperlen sind wieder einmal "in". Gerade zur rechten Zeit erscheint das grundlegende Sachbuch über die Glasperlen.
Eingehend wird die Herstellung der Glasperlen beschrieben: Die gezogenen, die gedrückten, die gewickelten und die hohlgeblasenen Perlen, insbesondere die kleinen Rocailles- und Schmelzperlen anhand der böhmischen Glasindustrie, aus denen unzählige Kostbarkeiten von fleißigen Händen in früheren Zeiten geschaffen worden sind.
Der Leser erfährt in welchen Techniken in den vergangenen Kulturepochen mit Perlen gearbeitet wurde; wie z.B. ein ägyptisches Netzhemd gefädelt wurde; daß die Glasperle gleichberechtigt zu Flußperlen und Edelsteinen im religiösen Bereich in kirchliche Gewänder und Altardecken im Mittelalter eingestickt wurde; daß in der Biedermeierzeit mit den winzigen Rocaillesperlen gestrickt und gehäkelt wurde; daß in den 20er Jahren auf Tüll- und Seidenstoffe mit Perlen tambouriert wurde; wie die Indianer Nordamerikas in bestimmten Techniken stickten u.v.m.
Erstmalig werden eingehend die gebräuchlichen Techniken - und das sind immerhin 27 an der Zahl - dargestellt. Bei Taschen, Beuteln, Brillenetuis, Sofakissen, Gürteln, Kleidern, Trachtenteilen, Kopfbedeckungen, Schabracken Notizbüchern, Decken, Notenständern, Kaminschirmen, Tabakspfeifen, Sonnenschirmen, Schuhen, Bildern, Kästen, Schreibzubehör., um den weiten Bogen der Anwendung aufzuzeichnen, wurden und werden auch heute noch die Perlen in den verschiedensten Arbeitsweisen in die Objekte gearbeitet.
Die zahlreichen Computergraphiken machen neben den erläuternden Texten den textilen Verbund mit den Glasperlen verständlich. Nach diesen Anleitungen kann sich selbst der Laie in die Arbeitsweisen einarbeiten.
Die Farbaufnahmen mit kostbaren Objekten zu den einzelnen Grundtechniken geben Einblick in die Vielfalt der faszinierenden Perlarbeiten.
Der Sammler bzw. Antiquitätenhändler kann ein bestimmtes Perlobjekt einordnen.
Museen, die Ausstellungen mit Perlarbeiten planen oder ihren Depotbestand genauer bearbeiten wollen, finden in dem Buch ein Grundlagenwissen.
Auktionshäuser können beim Erstellen ihrer Kataloge Wissenswertes über die Perlarbeiten nachschlagen.
Büchereien und Bibliotheken bieten dem Leser mit dieser Aufarbeitung ein verständliches, methodisch-didaktisch aufbereitetes kunstgewerbliches Wissensgebiet, das auch den historischen Hintergrund einbezieht.
So kann jeder mit verschiedener Zielsetzung das Thema "Glasperlen" anpacken.
Ein umfangreiches Literaturverzeichnis gibt dem Interessierten einen weiten Einstieg in den Bereich der Perlen.
Mit diesem Standardwerk liegt das erste umfassende grundlegende Buch über die Perlen für diesen Bereich vor.
Aktualisiert: 2008-11-13
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