Apokalypse – Der Anfang im Ende
Maria Moog-Grünewald, Verena Olejniczak Lobsien
Apokalypse‘ ist eine basale Denk- und Argumentationsfigur der abendländischen Kultur. Im ästhetisch-literarischen Bereich erscheint seit der Spätantike, vermehrt seit der Frühen Neuzeit und a fortiori in der Moderne ‚Apokalypse‘ vielfach als Thema, Motiv und Topos, zugleich aber und vor allem auch als Struktur: die ‚apokalyptische‘ Struktur ist gekennzeichnet von der Setzung des absolut Anderen, des radikal Neuen unter der Voraussetzung der Nichtung des Alten. Ihr Signum ist die ‚Wendung‘ (Katastrophe) in ein Noch-Nicht auf dem Grund eines Nicht-Mehr. Modell ist die Apokalyptik, jene große und bis in früheste Zeiten reichende literarische Gattung der Apokalypsen, in denen Vorstellungen von den Ereignissen des Welt-Endes, näherhin des Weltgerichts und der neuen Welt, in mythisch-phantastischen Bildern zum Austrag kommen.
Apokalypse meint – im Wortverständnis – nicht oder nicht nur ‚Weltuntergang‘, sondern Enthüllung. Von Interesse ist nun, daß die Kunst und Literatur insbesondere der Moderne – verstanden als longue durée – sich die primär eschatologisch-geschichtsphilosophische Denkfigur zueigen gemacht hat in einer doppelten ‚Wendung‘: vom Ethischen ins Ästhetische. Der ‚apokalyptische‘ Modus wird reflektiert als Textstruktur, die ihrerseits motiviert sein kann durch das Thema resp. Den Topos der ‚Apokalypse‘. Die Beiträge des vorliegenden Bandes thematisieren ‚Apokalypse‘ im Alten und Neuen Testament, sie weisen insbesondere ‚Apokalypse‘ als Thema und Struktur in Texten der Spätantike, der Frühen Neuzeit und der Moderne aus, und sie zeigen, daß vornehmlich die Literatur der Moderne gekennzeichnet ist durch die ästhetische Reflexion der ‚Apokalypse‘.