Sex in Wien
Eros und Geschlecht im österreichischen Kino 1906 bis 1933
Ernst Kieninger, Nikolaus Wostry
Mit der Wiederentdeckung und Restaurierung der lange als verschollen geltenden Filme der Wiener Produktionsfirma Saturn eröffnete das Filmarchiv Austria ein erstaunliches kulturhistorisch Universum der frühen erotischen Filmproduktionen in Wien. Die u.a. in einem Dachatelier und in den Donau-Auen entstandenen erotischen Miniaturen wurden im großen Stil auch international vertrieben und verstärkten den Ruf Wiens, neben Paris eine Welthauptstadt der erotischen Bildproduktion zu sein. Im Gefolge der behördlich bald verbotenen Saturn-Filme entwickelte sich in Wien ein schwunghafter Handel mit »pikanten Filmen«. Im Untergrund verschwammen die Grenzen zwischen privaten und gewerblichen Aufnahmen – zu offiziellem Gebrauch kamen die filmischen Erotika dann wieder im Ersten Weltkrieg, wo sie der »geistigen Truppenbetreuung« dienten. Nach 1918 erblühten im Kino auf den Trümmern der alten Ordnung Sitten- und Aufklärungsfilme, die viele interessante Hinweise auf die zeitgenössischen Sexualdiskurse enthalten.