Die umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz
Leon Keul
Die umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz gehört zu den meist diskutierten, weil haftungsträchtigen Problemen des Insolvenzsteuerrechts. Die haftungsrechtliche Relevanz dieses facettenreichen Themenkomplexes ist für die betroffenen Unternehmen wie für die Finanzverwaltung von enormer Bedeutung und daher Anlass zahlreicher Publikationen. Kaum ein anderer Bereich des Insolvenzsteuerrechts bewegt das Schrifttum derzeit mehr. Zwei jüngste Judikate des BFH (v. 8. August 2013 und v. 19. März 2014) zur umsatzsteuerlichen Organschaft in der Insolvenz haben eine Rechtsprechungsänderung eingeleitet. Die intendierte Zielsetzung des V. Senats des BFH ist unmissverständlich. Umsatzsteuerliche Organschaft und insolvenzrechtlicher Einzelverfahrensgrundsatz harmonieren nicht. Die Interdependenz zwischen Umsatzsteuer- und Insolvenzrecht hat sich damit zu Gunsten des Insolvenzrechts verschoben. Die Rechtsprechungsänderung ist aus pragmatischen Gründen zu begrüßen, wenngleich weiterhin mannigfache Problemfelder bestehen: Zum einen erscheint die Argumentation des BFH bedenklich, da der insolvenzrechtliche Einzelverfahrensgrundsatz allein nicht dazu führen kann, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG seine Geltung verliert. Zum anderen hat der XI. Senat des BFH Zweifel an der Unionsrechtskonformität der geänderten Rechtsprechung geäußert. Darüber hinaus ist die Rechtslage in dem Fall vollkommen ungeklärt, wenn der Organträger singulär die Insolvenzeröffnung beantragt. Gleiches gilt für die Simultaninsolvenz von Organgesellschaft und Organträger. Diese Rechtsunsicherheit vergrößert sich zudem vehement, wenn anstelle der Regel- die Eigenverwaltung angeordnet wird. Stellungnahmen sind zwar partiell vorhanden, jedoch zu simplifiziert, um von Rechtssicherheit sprechen zu können. Der Verfasser zeigt sowohl die Stärken als auch die Schwächen der Rechtsprechungsänderung des BFH auf. Dabei wird der Leser in gut lesbarer Form durch die komplizierte Materie geführt.