Der Gesichtssinn Grundzüge der Physiologischen Optik
Manfred Monje, Ingeborg Schmidt, Erich Schütz, Wilhelm Trendelenburg
Farbensinn unabhängig von einem Raumsinn strenggenommen nicht gibt. Es ist aber diese „Abstraktion“ zweckmäßig zur Gewinnung einer geordneten Über sicht über die Leistungen unseres Gesichtssinnes. Nunmehr wird also die räum liche Anordnung der Gesichtsempfindungen Gegenstand der Untersuchung sein. Ob man diesen Abschnitt als Lehre vom Raumsinn des Auges bezeichnet oder als Lehre von den Gesichtswahrnehmungen, ersteres nach HERING, letzteres nach HELMHOLTZ, ist Sache des Standpunktes und der Betrachtungsweise. Nach HELMHOLTZ kann nur das als Empfindung anerkannt werden, was durch Erfah rungsmomente nicht im Anschauungsbild überwunden oder in sein Gegenteil verkehrt werden kann. Die hiergegen vorgebrachten Einwände, über die HoFMANN (1) berichtet, erscheinen nicht stichhaltig. Wenn z. B. durch Hinlenken der Aufmerksamkeit aus einer zunächst ein heitlichen Klangempfindung Teilempfindungen (Obertonempfindungen) heraustreten, so kann dabei doch nicht von einer Überwindung der Klangempfindung durch Erfahrung die Rede sein. Sobald die besondere Aufmerksamkeitshinwendung aufhört, liegt auch wieder die ein heitliche Klangempfindung vor; niemand wird bei Anhören des Klarinettenspiels ständig die Obertöne heraushören, auch wenn er darauf eingeübt ist. v. KRIES (5) hält die Zurechnung der räumlichen Bestimmungen zur Empfindung für sehr unratsam. Sie seien durch ihre psychologische Beschaffenheit und die Bedingungen, von denen sie abhängen, von den Empfindungen tiefgreifend verschieden. Andererseits seien sie, obgleich in gewissem Sinne als Urteile zu bezeichnen, von dem was hauptsächlich unter Urteil verstanden wird, wieder verschieden. So sei der Helmholtzache Ausdruck der Wahrnehmungen als zweckentsprechend und sachgemäß vorzuziehen.