Evolution heute: Die Entwicklung im Gang von Barthod,  Jean-François, Febvre,  Frédéric, Riolon,  Luc

Evolution heute: Die Entwicklung im Gang

1. Wenn Paviane Hunde adoptieren 2. Wo der Wolf angelt 3. Schimpansen erobern die Savanne 4. Straßenhunde in Moska

Die Evolution ist kein abgeschlossener Prozess, vielmehr entwickelt sich die Natur stets weiter. An vier Tierarten auf vier Kontinenten lassen sich einige der beeindruckendsten Evolutionssprünge und erstaunliche, neu erlernte Verhaltensweisen beobachten:

In Saudi-Arabien entführen Paviane Hunde Welpen und ziehen sie auf – als Wärter und zur Beschaffung von Nahrungsmitteln. In Kanada entdecken Wölfe das kühle Nass und lernen zu schwimmen und Lachse zu fangen. Im Senegal verlassen Schimpansen ihre schützenden Wälder, siedeln sich in den Höhlen der Savanne an und bauen erstmals Jagdwaffen. Die Straßenhunde in Moskau entwickeln sich zweigleisig: entweder sie passen sich der menschlichen Zivilisation bestmöglich an oder sie gehen – wie ihre Vorfahren – zurück in die Wildnis, ähneln zunehmend den Wölfen.

Naturforscher, Wissenschaftler und Tierfilmer zeigen Schlüsselmomente der Naturgeschichte …

Die Welt, wie sie heute ist, wird häufig als der Endpunkt einer langen Entwicklung betrachtet. Viele Menschen sind so davon besessen, die Gegenwart festzuhalten, dass ihnen die Natur als etwas Starres erscheint. Dabei entwickelt sich die Natur immer weiter. Trotz – oder gerade wegen – der Gefahren für das ökologische Gleichgewicht passen sich die Tiere immer weiter den sich wandelnden Gegebenheiten an. Und das geschieht auch heute. Diese Anpassung erfolgt über natürliche Selektion und ist genbedingt. Aber auch die Intelligenz der Lebewesen, ihre Flexibilität und die volle Ausschöpfung ihres Potenzials, wenn sie mit neuen Situationen konfrontiert werden, spielen eine Rolle. Ausgehend von ihrem jeweiligen Erbgut lernen die Lebewesen dazu und entwickeln sich weiter – und dies mitunter auf erstaunliche Weise. Vier eindrucksvolle Beispiele:

Wenn Paviane Hunde adoptieren
RegieJean-François Barthod
Die Dokumentation gibt ungewöhnliche Einblicke in das Leben der Paviane und zeigt erstaunliche Verhaltensweisen, denn sie machen gerade eine beeindruckende Entwicklung durch. Im Süden der Arabischen Halbinsel haben Paviane angefangen, Hundewelpen zu entführen und großzuziehen – ist dieses Naturexperiment gleichzusetzen mit der Zähmung des Wolfes durch den Menschen? Nun eben der Hund durch den Affen? Und wie wirkt sich dieses Verhalten auf die beiden Tierarten aus?
Diese neue Beziehung zwischen Pavianen und Hunden wirft Fragen auf, mit denen sich Biologen seit langem beschäftigen und die Schlussfolgerungen auf die Geschichte des Menschen zulassen. Wie zähmt man andere Lebewesen? Kann man in diesem Fall von einer Art Adoption sprechen? Oder handelt es sich lediglich um eine Art Kooperation unterschiedlicher Tierarten? Der Tierfilm-Experte Jean-François Barthod hat bei einem Dreh in Saudi-Arabien miterlebt, wie Paviane Welpen entführten und zeigt auf anschauliche Weise, wie verschiedene arabische Paviangruppen, besonders in der Nähe der Stadt Taif, dabei vorgehen und wie die Hundewelpen darauf reagieren.

Schimpansen erobern die Savanne
RegieJean-François Barthod
Die Dokumentation gibt ungewöhnliche Einblicke in das Leben der Schimpansen und zeigt erstaunliche Verhaltensweisen, denn sie machen gerade eine beeindruckende Entwicklung durch. Mehrere Affengruppen aus Mali und dem Senegal haben den Wald hinter sich gelassen und sind in die Savanne gezogen. Bei glühender Hitze suchen sie während der Mittagszeit in Höhlen Schutz und suchen das kühle Nass der Flüsse. Der außergewöhnliche, für ihre Gattung untypische Lebensraum schweißt sie zusammen und sie passen sich den neuen Umständen dieses weitläufigen, trockenen Gebiets an – bauen sogar Jagdwaffen. Im Vergleich zu ihren Artgenossen im Wald veränderte sich ihr Verhalten schon jetzt. Wie stark werden sie sich künftig an die Savanne anpassen?
Der Tierfilm-Experte Jean-François Barthod geht mit den Schimpansen auf Tuchfühlung und zeigt in Zusammenarbeit mit Dr. Jill Pruetz, Anthropologin und Primatenforscherin der Iowa State University und Leiterin einer Forschungsstation im Süden Senegals diese einzigartige Entwicklung und das Schimpansenleben in außergewöhnlicher Umgebung.

Wo der Wolf angelt
RegieFrédéric Febvre
Die Dokumentation gibt ungewöhnliche Einblicke in das Leben der Wölfe und zeigt erstaunliche Verhaltensweisen, denn sie machen gerade eine beeindruckende Entwicklung durch. Denn in Britisch-Kolumbien erobert der Wolf gerade das Wasser. Er angelt gewissermaßen, fängt Lachse und schwimmt. Nach Ansicht mehrerer Experten ist dies der erste Schritt zu seiner möglichen Verwandlung in ein Meeressäugetier. Doch bevor es durch natürliche Auslese vielleicht zu einer anatomischen Veränderung kommt, lässt sich bis dato eine intelligente und zweckgerichtete Anpassung des Lebensstils der Wölfe an ihre Umgebung beobachten. Sie scheinen ihre Umwelt und die ihnen gebotenen Überlebensstrategien bewusst wahrzunehmen und einzusetzen.
Der Tierfotograf Guillaume Mazille begleitet die Wölfe über mehrere Monate entlang der Küste durch Wald und Sumpf. Dier Dokumentation zeigt ihn auf seiner Spurenjagd mit der Kamera und im Gespräch mit Wissenschaftlern.

Straßenhunde in Moskau
Regie: Luc Riolon
Die streunenden Hunde in Russland stehen möglicherweise vor einem Wendepunkt ihrer Evolution. In den Großstädten und am Rand der Taiga passen sie sich immer mehr dem Menschen an. Anderswo führen sie wieder ein Leben in Wildnis und vermischen sich mit Wölfen. Dieses Verhalten lässt sich als Beispiel dafür nehmen, dass sich Tiere auch heute noch den wandelnden Gegebenheiten anpassen.
In Russland haben Biologen, die das Verhalten von streunenden Hunden untersuchen, beobachtet, dass einige der Hunde Verhaltensweisen wie ihre Vorfahren in der Wildnis an den Tag legen, insbesondere außerhalb der großen Städte und in den Grenzgebieten des Taiga-Walds. Je weiter man sich vom Stadtzentrum entfernt, desto stärker ähnelt das Verhalten der Hunde dem der Wölfe. Manchmal vermischen sie sich sogar. Innerhalb der Städte wiederum haben die Straßenhunde die Lebensweise der Menschen erkannt und nutzen sie zum eigenen Vorteil. Es scheint fast so, als hätten die Hunde ein Bewusstsein für ihre Umgebung und für das, was zum Überleben nötig ist. Wie die meisten Tiere sind auch die streunenden Hunde in Russland mit einem existenziellen Dilemma konfrontiert: Entweder sie meiden die menschliche Zivilisation, oder sie passen sich ihr bestmöglich an.

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