Esse est Deus
Meister Eckharts christologische Versöhnung von Philosophie und Religion und ihre Ursprünge in der Tradition des Abendlandes
Reiner Manstetten
Meister Eckharts scholastische Denkform ist keineswegs bloße Hülle eines mystischen Gehaltes. Denn die plötzliche spirituelle Einsicht und die ihr folgende diskursive Reflexion gehören für ihn zusammen. Das Buch zeigt die Einheit von Eckharts philosophischen und religiös-seelsorgerlichen Intentionen und ihre Erfüllung in einer personalen Gewißheit des Seins. Anknüpfend an Eckharts Grundsatz „esse est deus“ werden die beiden Traditionen, die dieser Satz verbindet, aristotelische Ontologie und jüdisch-christliche Gotteslehre, unter den für Eckhart richtungsweisenden Leitworten Substanz und Verwandlung untersucht. In den Begriffsfeldern Substanz/Relation, Einheit/Differenz, Univozität/Analogizität wird Eckharts Seins- und Gotteslehre dargestellt. Auf ihr basiert die Interpretation des Eckhart´schen Menschenbildes zwischen den Polen des Nichts, das zur Sünde, und der Abgeschiedenheit, die zur Erkenntnis des Seins führt. Im letzten Teil geht es um die Verwandlung des Menschen und die Verwandlung Gottes in einer Erfahrung vollkommener Einheit. Es wird gezeigt, wie Eckhart das tradierte Denken einsetzt und abwandelt, um auf den Ursprung des Selbst aus einer Stille jenseits des Denkens hinzuweisen. Dieser Stille entspricht nicht das begriffslose Verstummen des Geheimlehrers, sondern das Schweigen des Weisen, für den sich durch alle Mittel des Denkens das Undenkbare mitteilt.