Ursprünge der Tradition chinesischer Leibmeisterung (qìgong)
Ihr Einfluss auf den Daoismus und Chan-Buddhismus am Beispiel der Zwölf Ornamente des Emei Linji Qigong
Carlos Cobos Schlicht
Von den eigentlichen Wurzeln des qigong wird mittlerweile angenommen, dass sie schamanischen Ursprungs sind. Diese Einsicht entwickelte sich nur zögerlich und findet sich selbst auf chinesischer Seite in der heutigen qigong-Forschung nur mit Vorbehalten vertreten. Noch bis in die 1990er Jahre wurde in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung dem Schamanismus als Erklärungsmodell für die Ursprünge des qigong keinerlei Beachtung geschenkt.
Diese Arbeit verfolgt ein doppeltes Ziel: Einerseits soll anhand der vormals mönchisch buddhistischen qigong-Schule der deutliche Einfluss des Daoismus auf den Chan kenntlich gemacht werden, andererseits gilt es zu klären, inwieweit die dem Daoismus zugewiesenen Leibmeisterungspraktiken nicht selbst weit älteren Ursprungs sind. Daher soll auf die bisher in China gewonnenen archäologischen Zeugnisse über das qigong erstmals kritisch Bezug genommen und diese teilweise neu bewertet werden. Eine kritische interdisziplinäre Bewertung dieser Zeugnisse liegt in der qigong-Forschung bis dato nicht vor; hiermit betritt der Autor gewissermaßen Neuland.