Naturphilosophie - von der Antike bis in die Gegenwart
Was ist Natur oder was könnte sie sein? Diese und weitere Fragen sind grundlegend für Naturdenken und -handeln. Das Lehr- und Studienbuch bietet eine historisch-systematische und zugleich praxisbezogene Einführung in die Naturphilosophie mit ihren wichtigsten Begriffen, Strömungen und Diskursen.
Es nimmt den pluralen Charakter der Wahrnehmung von Natur in den philosophischen Blick und ist auch zum Selbststudium bestens geeignet.
Aktualisiert: 2023-07-02
Autor:
Dirk Evers,
Brigitte Falkenburg,
Myriam Gerhard,
Gerald Hartung,
Jürgen Hübner,
Nicole C Karafyllis,
Thomas Kirchhoff,
Kristian Köchy,
Ulrich Krohs,
Thomas Potthast,
Otto Schäfer,
Gregor Schiemann,
Magnus Schlette,
Reinhard Schulz,
Frank Vogelsang
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Naturphilosophie - von der Antike bis in die Gegenwart
Was ist Natur oder was könnte sie sein? Diese und weitere Fragen sind grundlegend für Naturdenken und -handeln. Das Lehr- und Studienbuch bietet eine historisch-systematische und zugleich praxisbezogene Einführung in die Naturphilosophie mit ihren wichtigsten Begriffen, Strömungen und Diskursen.
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Es nimmt den pluralen Charakter der Wahrnehmung von Natur in den philosophischen Blick und ist auch zum Selbststudium bestens geeignet.
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Naturphilosophie - von der Antike bis in die Gegenwart
Was ist Natur oder was könnte sie sein? Diese und weitere Fragen sind grundlegend für Naturdenken und -handeln. Das Lehr- und Studienbuch bietet eine historisch-systematische und zugleich praxisbezogene Einführung in die Naturphilosophie mit ihren wichtigsten Begriffen, Strömungen und Diskursen.
Es nimmt den pluralen Charakter der Wahrnehmung von Natur in den philosophischen Blick und ist auch zum Selbststudium bestens geeignet.
Aktualisiert: 2023-07-02
Autor:
Dirk Evers,
Brigitte Falkenburg,
Myriam Gerhard,
Gerald Hartung,
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Gegenstand dieser in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts vehement ausgetragenen öffentlichen Debatte war die von den Materialisten Carl Vogt (in seiner Streitschrift Köhlerglaube und Wissenschaft) und Ludwig Büchner (in seinem Buch Kraft und Stoff ) verfochtene Erhebung der Naturwissenschaften zur einzig rationalen Basis jeglicher Weltanschauung. Auf scharfe Kritik stieß diese mit reformatorischem Eifer betriebene Verklärung bei Friedrich Albert Lange, der in seiner 1866 publizierten monumentalen Geschichte des Materialismus der These entgegentrat, der Materialismus tauge zur Grundlegung einer allgemeinen Weltanschauung und sei nun an die Stelle von Philosophie und Religion getreten. Der Streit wurde nicht entschieden, und viele der damals vorgetragenen Argumente und Fehlurteile wirken bis heute fort.
Die heute vorherrschende Meinung, nur die Naturwissenschaften seien in der Lage, uns das richtige Weltbild zu geben, bedarf der Korrektur. Die Beiträge dieser Bände zeigen, dass der Diskurs, in dessen Verlauf den Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert diese Rolle zugesprochen wurde, sich nicht auf Erkenntnisse stützen kann - sondern auf Fehleinschätzungen darüber beruht, was Naturwissenschaft leistet.
Der Band zum Materialismus-Streit eröffnet eine Reihe von insgesamt drei Bänden, in denen das spannungsreiche und wechselvolle Verhältnis von Philosophie, Naturwissenschaft, Religion und Weltanschauung im 19. Jahrhundert aus interdisziplinärer Perspektive untersucht wird. Die beiden Folgebände thematisieren den Darwinismus- Streit und den Ignorabimus-Streit.
Mit den Bänden dieser Reihe wird erstmals eine zusammenhängende Darstellung und Deutung der drei weit über das 19. Jahrhundert hinaus einflußreichen Debatten zum Materialismus, Darwinismus und Ignorabimus vorgelegt; ergänzt werden wird die Reihe durch drei Bände innerhalb der »Philosophischen Bibliothek«, in denen die Originaltexte präsentiert werden, die diese Debatten auslösten.
dass die Naturwissenschaften kein eng begrenztes Feld des Wissens darstellen, sondern eine das gesamte materielle wie auch geistige Leben der Gesellschaft durchdringende Macht, bedarf heute kaum noch der Erwähnung. Offensichtlich ist auch, dass diese Durchdringung ein oft schmerzlicher, von heftigen Auseinandersetzungen begleiteter Prozeß war. Obwohl dieser Prozeß bereits früher begann, nahm er im 19. Jahrhundert insofern eine entscheidende Wendung, als sich die Naturwissenschaft hier vehement als 'dritte Kraft' neben ihren beiden wichtigsten weltanschaulichen Konkurrenten (Philosophie und Religion) etablierte - und diese im Bewußtsein vieler Zeitgenossen sogar überflügelte. Gerade darum ist es dringend geboten, die heute vorherrschende Meinung, die Naturwissenschaften seien geeignet, Weltanschauungen zu begründen, kritisch zu reflektieren.
Aktualisiert: 2023-06-16
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Das durch Kant herbeigeführte Ende der Metaphysik wirkt wie ein Schibboleth, das die ihm nachfolgenden Denker in Freund oder Feind einer nachkritischen Philosophie teilt. So steht auch Hegels Bemühen um eine nachkritische Metaphysik im Verdacht, hinter Kants Metaphysikkritik zurückzufallen. Der vorliegende Band sucht das die Klassische Deutsche Philosophie durchziehende Spannungsverhältnis von Metaphysik und Metaphysikkritik exemplarisch an den Texten von Kant, Jacobi, Fichte, Hölderlin, Hegel und Schelling aufzuzeigen und die Möglichkeiten der Aufhebung dieses Spannungsverhältnisses – im Hegelschen Sinne – auszuloten.
Aktualisiert: 2023-06-16
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Darwins bahnbrechendes Werk 'Über die Entstehung der Arten' (1859) löste eine neue Debatte aus, die weniger durch wissenschaftliche Forschung als durch weltanschauliche Proklamationen geprägt war. Sie nahm in Deutschland einen anderen Verlauf als in England: Die dort noch starke Physikotheologie war in Deutschland bereits einflußlos geworden, und der vorangegangene Materialismus-Streit hatte den Boden für die Rezeption der Lehre Darwins vorbereitet. Von Seiten des weltanschaulichen Materialismus wurde der Darwinismus wegen seiner Eliminierung eines zwecksetzenden göttlichen Verstandes als unverhoffte Bestätigung angesehen und als eine neue und zudem wissenschaftlich abgesicherte Schöpfungstheorie« rezipiert und zum Schlüssel für die Lösung aller wissenschaftlichen und philosophischen Rätsel stilisiert.
Aktualisiert: 2023-06-16
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In diesem Streit - ausgelöst durch Emil Du Bois-Reymonds Vortrag 'Über die Grenzen des Naturerkennens '(1872) - ging es nicht mehr um die Abgrenzung der Erklärungskompetenzen von Religion, Philosophie und Naturwissenschaft, sondern um die Frage, ob der so erfolgreichen Naturwissenschaft ebenfalls Erkenntnisgrenzen gesetzt seien: an den Problemen der Erkennbarkeit des Wesens der Materie und der Rückführbarkeit der subjektiven Qualitäten menschlichen Empfindens und Denkens auf materielle Zustände. Die Behauptung, es gebe Bereiche, die der Wissenschaft nicht nur mit den damaligen Mitteln, sondern prinzipiell verschlossen blieben, schien ihren universalen Erklärungsanspruch zu unterminieren. Diese Debatte hat auch heute nichts an Brisanz verloren, auch wenn sie zumeist nicht mehr im direkten Rückgriff auf die damalige ausgetragen wird.
Aktualisiert: 2023-06-16
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Darwins Schrift Über die Entstehung der Arten (1859) löste eine neue Debatte aus, die sich zeitlich und inhaltlich unmittelbar an den Materialismus- Streit anschloß. Umstritten war einerseits die wissenschaftliche Akzeptanz der Evolutionstheorie, andererseits die vor allem von Ernst Haeckel vertretene Verabsolutierung der Darwinschen Theorie zum Schlüssel für die Lösung aller ungelösten wissenschaftlichen und philosophischen Rätsel. Während so die Evolutionstheorie gleichsam zur neuen Religion erhoben wurde, zog sich die Theologie - und teilweise auch die Philosophie - aus der Deutung der empirischen Welt zurück.
Auch dieser Streit wurde nicht entschieden und hält bis heute an.
Die heute vorherrschende Meinung, nur die Naturwissenschaften seien in der Lage, uns das richtige Weltbild zu geben, bedarf der Korrektur. Die Beiträge dieser Bände zeigen, dass der Diskurs, in dessen Verlauf den Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert diese Rolle zugesprochen wurde, sich nicht auf Erkenntnisse stützen kann - sondern auf Fehleinschätzungen darüber beruht, was Naturwissenschaft leistet.
Aktualisiert: 2023-06-16
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Schelling versucht die Allgemeinheit und Notwendigkeit der Erkenntnisse nicht aus der Natur der Dinge, sondern aus der Natur unseres Geistes zu begründen. Aus der Natur des endlichen Geistes soll die allgemeine und notwendige Verknüpfung unserer Vorstellungen deduziert werden, und, um zugleich die objektive Realität der systematischen Verbindung unserer Vorstellungen zu garantieren, soll die Natur der Dinge mit der Deduktion konstruiert werden. "Von nun an ist zwischen Erfahrung und Spekulation keine Trennung mehr. Das System der Natur ist zugleich das System unseres Geistes (...)".
Mit der Identität des Systems des Wissens und des Systems der Gegenstände des Wissens versucht Schelling die Idealität und Realität des Wissens zu begründen. Die Voraussetzungen für seinen Ideal-Realismus findet Schelling in den Schriften Kants und Fichtes zumindest implizit enthalten. Das Resultat seiner Bemühungen, die Einheit von Vernunft und Natur zu begründen, führt auf eine Bestimmung des Verhältnisses von erkennendem Subjekt und Natur, das die Natur nicht bloß als Objekt, sondern zugleich als Subjekt erfaßt. Die Natur als Subjekt aufzufassen, scheint als ein Regulativ und Korrektiv für einen szientifischen Wissenschaftsbegriff fungieren zu können, der die zunehmende Zerstörung seines Gegenstandes, der Natur, mit sich zu führen scheint. Sowohl die Voraussetzungen als auch das Resultat der Schellingschen Naturphilosophie im Hinblick auf eine vernünftige Bestimmung des Verhältnisses von Natur und Vernunft sind Gegenstand dieser Arbeit.
Aktualisiert: 2023-06-15
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Gegenstand dieser in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts vehement ausgetragenen öffentlichen Debatte war die von den Materialisten Carl Vogt (in seiner Streitschrift Köhlerglaube und Wissenschaft) und Ludwig Büchner (in seinem Buch Kraft und Stoff ) verfochtene Erhebung der Naturwissenschaften zur einzig rationalen Basis jeglicher Weltanschauung. Auf scharfe Kritik stieß diese mit reformatorischem Eifer betriebene Verklärung bei Friedrich Albert Lange, der in seiner 1866 publizierten monumentalen Geschichte des Materialismus der These entgegentrat, der Materialismus tauge zur Grundlegung einer allgemeinen Weltanschauung und sei nun an die Stelle von Philosophie und Religion getreten. Der Streit wurde nicht entschieden, und viele der damals vorgetragenen Argumente und Fehlurteile wirken bis heute fort.
Die heute vorherrschende Meinung, nur die Naturwissenschaften seien in der Lage, uns das richtige Weltbild zu geben, bedarf der Korrektur. Die Beiträge dieser Bände zeigen, dass der Diskurs, in dessen Verlauf den Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert diese Rolle zugesprochen wurde, sich nicht auf Erkenntnisse stützen kann - sondern auf Fehleinschätzungen darüber beruht, was Naturwissenschaft leistet.
Der Band zum Materialismus-Streit eröffnet eine Reihe von insgesamt drei Bänden, in denen das spannungsreiche und wechselvolle Verhältnis von Philosophie, Naturwissenschaft, Religion und Weltanschauung im 19. Jahrhundert aus interdisziplinärer Perspektive untersucht wird. Die beiden Folgebände thematisieren den Darwinismus- Streit und den Ignorabimus-Streit.
Mit den Bänden dieser Reihe wird erstmals eine zusammenhängende Darstellung und Deutung der drei weit über das 19. Jahrhundert hinaus einflußreichen Debatten zum Materialismus, Darwinismus und Ignorabimus vorgelegt; ergänzt werden wird die Reihe durch drei Bände innerhalb der »Philosophischen Bibliothek«, in denen die Originaltexte präsentiert werden, die diese Debatten auslösten.
dass die Naturwissenschaften kein eng begrenztes Feld des Wissens darstellen, sondern eine das gesamte materielle wie auch geistige Leben der Gesellschaft durchdringende Macht, bedarf heute kaum noch der Erwähnung. Offensichtlich ist auch, dass diese Durchdringung ein oft schmerzlicher, von heftigen Auseinandersetzungen begleiteter Prozeß war. Obwohl dieser Prozeß bereits früher begann, nahm er im 19. Jahrhundert insofern eine entscheidende Wendung, als sich die Naturwissenschaft hier vehement als 'dritte Kraft' neben ihren beiden wichtigsten weltanschaulichen Konkurrenten (Philosophie und Religion) etablierte - und diese im Bewußtsein vieler Zeitgenossen sogar überflügelte. Gerade darum ist es dringend geboten, die heute vorherrschende Meinung, die Naturwissenschaften seien geeignet, Weltanschauungen zu begründen, kritisch zu reflektieren.
Aktualisiert: 2023-06-16
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Im Materialismus-Streit der 1850er Jahre prallen die oft provokativ vorgetragenen Positionen des naturwissenschaftlich-weltanschaulichen Materialismus (vor allem Carl Vogts, Jacob Moleschotts und Ludwig Büchners) auf Positionen, die die Naturwissenschaften mit den traditionellen religiösen Überzeugungen bruchlos verbinden zu können glauben (insbesondere diejenige Rudolf Wagners). Mit den wissenschaftlichen Überzeugungen verbinden sich zudem politische Optionen. Jenseits aller lautstarken Polemik werden in diesem Streit die Erklärungskompetenzen der Religion, der Philosophie und der Naturwissenschaften neu gegeneinander abgegrenzt – wobei der Philosophie (in ihren Vertretern I. H. Fichte und F. A. Lange) eine vermittelnde Rolle zufällt.
Aktualisiert: 2023-06-16
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In diesem Streit - ausgelöst durch Emil Du Bois-Reymonds Schrift Über die Grenzen des Naturerkennens (1872) - ging es nicht mehr um die Frage des Vorrangs der Naturwissenschaften vor Philosophie und Religion, sondern um die Grenzen, die auch dem materialistisch-darwinistischen Weltanschauungsreformprogramm gesetzt sind. Naturwissenschaft kann beschreiben und erklären, was der Fall ist - und hier kann sie unbeschränkt fortschreiten; aber kann sie auch Normen setzen, eine Ethik - und damit: ein vollständiges Weltbild - begründen? An diesem Punkt stößt sie nach Du Bois-Reymond auf eine unüberwindliche Schranke.
Die Frage ist auch heute nicht geklärt.
Die heute vorherrschende Meinung, nur die Naturwissenschaften seien in der Lage, uns das richtige Weltbild zu geben, bedarf der Korrektur. Die Beiträge dieser Bände zeigen, dass der Diskurs, in dessen Verlauf den Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert diese Rolle zugesprochen wurde, sich nicht auf Erkenntnisse stützen kann - sondern auf Fehleinschätzungen darüber beruht, was Naturwissenschaft leistet.
Aktualisiert: 2023-06-16
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Darwins Schrift Über die Entstehung der Arten (1859) löste eine neue Debatte aus, die sich zeitlich und inhaltlich unmittelbar an den Materialismus- Streit anschloß. Umstritten war einerseits die wissenschaftliche Akzeptanz der Evolutionstheorie, andererseits die vor allem von Ernst Haeckel vertretene Verabsolutierung der Darwinschen Theorie zum Schlüssel für die Lösung aller ungelösten wissenschaftlichen und philosophischen Rätsel. Während so die Evolutionstheorie gleichsam zur neuen Religion erhoben wurde, zog sich die Theologie - und teilweise auch die Philosophie - aus der Deutung der empirischen Welt zurück. Auch dieser Streit wurde nicht entschieden und hält bis heute an. Die heute vorherrschende Meinung, nur die Naturwissenschaften seien in der Lage, uns das richtige Weltbild zu geben, bedarf der Korrektur. Die Beiträge dieser Bände zeigen, daß der Diskurs, in dessen Verlauf den Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert diese Rolle zugesprochen wurde, sich nicht auf Erkenntnisse stützen kann - sondern auf Fehleinschätzungen darüber beruht, was Naturwissenschaft leistet.
Aktualisiert: 2023-06-16
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Darwins Schrift Über die Entstehung der Arten (1859) löste eine neue Debatte aus, die sich zeitlich und inhaltlich unmittelbar an den Materialismus- Streit anschloß. Umstritten war einerseits die wissenschaftliche Akzeptanz der Evolutionstheorie, andererseits die vor allem von Ernst Haeckel vertretene Verabsolutierung der Darwinschen Theorie zum Schlüssel für die Lösung aller ungelösten wissenschaftlichen und philosophischen Rätsel. Während so die Evolutionstheorie gleichsam zur neuen Religion erhoben wurde, zog sich die Theologie - und teilweise auch die Philosophie - aus der Deutung der empirischen Welt zurück. Auch dieser Streit wurde nicht entschieden und hält bis heute an. Die heute vorherrschende Meinung, nur die Naturwissenschaften seien in der Lage, uns das richtige Weltbild zu geben, bedarf der Korrektur. Die Beiträge dieser Bände zeigen, daß der Diskurs, in dessen Verlauf den Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert diese Rolle zugesprochen wurde, sich nicht auf Erkenntnisse stützen kann - sondern auf Fehleinschätzungen darüber beruht, was Naturwissenschaft leistet.
Aktualisiert: 2023-06-14
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Darwins bahnbrechendes Werk 'Über die Entstehung der Arten' (1859) löste eine neue Debatte aus, die weniger durch wissenschaftliche Forschung als durch weltanschauliche Proklamationen geprägt war. Sie nahm in Deutschland einen anderen Verlauf als in England: Die dort noch starke Physikotheologie war in Deutschland bereits einflußlos geworden, und der vorangegangene Materialismus-Streit hatte den Boden für die Rezeption der Lehre Darwins vorbereitet. Von Seiten des weltanschaulichen Materialismus wurde der Darwinismus wegen seiner Eliminierung eines zwecksetzenden göttlichen Verstandes als unverhoffte Bestätigung angesehen und als eine neue und zudem wissenschaftlich abgesicherte Schöpfungstheorie« rezipiert und zum Schlüssel für die Lösung aller wissenschaftlichen und philosophischen Rätsel stilisiert.
Aktualisiert: 2023-06-14
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In diesem Streit - ausgelöst durch Emil Du Bois-Reymonds Vortrag 'Über die Grenzen des Naturerkennens '(1872) - ging es nicht mehr um die Abgrenzung der Erklärungskompetenzen von Religion, Philosophie und Naturwissenschaft, sondern um die Frage, ob der so erfolgreichen Naturwissenschaft ebenfalls Erkenntnisgrenzen gesetzt seien: an den Problemen der Erkennbarkeit des Wesens der Materie und der Rückführbarkeit der subjektiven Qualitäten menschlichen Empfindens und Denkens auf materielle Zustände. Die Behauptung, es gebe Bereiche, die der Wissenschaft nicht nur mit den damaligen Mitteln, sondern prinzipiell verschlossen blieben, schien ihren universalen Erklärungsanspruch zu unterminieren. Diese Debatte hat auch heute nichts an Brisanz verloren, auch wenn sie zumeist nicht mehr im direkten Rückgriff auf die damalige ausgetragen wird.
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Gegenstand dieser in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts vehement ausgetragenen öffentlichen Debatte war die von den Materialisten Carl Vogt (in seiner Streitschrift Köhlerglaube und Wissenschaft) und Ludwig Büchner (in seinem Buch Kraft und Stoff ) verfochtene Erhebung der Naturwissenschaften zur einzig rationalen Basis jeglicher Weltanschauung. Auf scharfe Kritik stieß diese mit reformatorischem Eifer betriebene Verklärung bei Friedrich Albert Lange, der in seiner 1866 publizierten monumentalen Geschichte des Materialismus der These entgegentrat, der Materialismus tauge zur Grundlegung einer allgemeinen Weltanschauung und sei nun an die Stelle von Philosophie und Religion getreten. Der Streit wurde nicht entschieden, und viele der damals vorgetragenen Argumente und Fehlurteile wirken bis heute fort.
Die heute vorherrschende Meinung, nur die Naturwissenschaften seien in der Lage, uns das richtige Weltbild zu geben, bedarf der Korrektur. Die Beiträge dieser Bände zeigen, dass der Diskurs, in dessen Verlauf den Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert diese Rolle zugesprochen wurde, sich nicht auf Erkenntnisse stützen kann - sondern auf Fehleinschätzungen darüber beruht, was Naturwissenschaft leistet.
Der Band zum Materialismus-Streit eröffnet eine Reihe von insgesamt drei Bänden, in denen das spannungsreiche und wechselvolle Verhältnis von Philosophie, Naturwissenschaft, Religion und Weltanschauung im 19. Jahrhundert aus interdisziplinärer Perspektive untersucht wird. Die beiden Folgebände thematisieren den Darwinismus- Streit und den Ignorabimus-Streit.
Mit den Bänden dieser Reihe wird erstmals eine zusammenhängende Darstellung und Deutung der drei weit über das 19. Jahrhundert hinaus einflußreichen Debatten zum Materialismus, Darwinismus und Ignorabimus vorgelegt; ergänzt werden wird die Reihe durch drei Bände innerhalb der »Philosophischen Bibliothek«, in denen die Originaltexte präsentiert werden, die diese Debatten auslösten.
dass die Naturwissenschaften kein eng begrenztes Feld des Wissens darstellen, sondern eine das gesamte materielle wie auch geistige Leben der Gesellschaft durchdringende Macht, bedarf heute kaum noch der Erwähnung. Offensichtlich ist auch, dass diese Durchdringung ein oft schmerzlicher, von heftigen Auseinandersetzungen begleiteter Prozeß war. Obwohl dieser Prozeß bereits früher begann, nahm er im 19. Jahrhundert insofern eine entscheidende Wendung, als sich die Naturwissenschaft hier vehement als 'dritte Kraft' neben ihren beiden wichtigsten weltanschaulichen Konkurrenten (Philosophie und Religion) etablierte - und diese im Bewußtsein vieler Zeitgenossen sogar überflügelte. Gerade darum ist es dringend geboten, die heute vorherrschende Meinung, die Naturwissenschaften seien geeignet, Weltanschauungen zu begründen, kritisch zu reflektieren.
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