Die 90 Minuten, in denen die deutsche Mannschaft ihre erste Fußballweltmeisterschaft gewann, gehören wohl zu den bekanntesten Episoden der deutschen Historie. Doch welchen Beitrag leistete es für die weitere Geschichte der damals noch jungen Bundesrepublik?
Detailliert verfolgt Heinrich den sportlichen Weg der Herberger-Elf und betrachtet auch die problematischen Begleiterscheinungen, wie die Entsorgungswünsche zur lästigen Vergangenheit sowie Versuche, den Sieg von Bern von Seiten des DFB nationalistisch auszudeuten. Dennoch wertet Heinrich den WM-Titelgewinn vor allem als „Glücksfall“für die bundesrepublikanische Geschichte: dass die Deutschen nun Fußballer statt Soldaten zu ihren Idolen erhoben, sah auch das skeptische Ausland mit Erleichterung.
Rezensionen:
Frankfurter Rundschau, 22. April 2004
„…Überhaupt fällt auf, dass die besten Bücher zu dem Berner Mythos von Autoren verfasst wurden, die sonst nicht teilhaben am Sportbetrieb – und also auf alte Freundschaften keine Rücksicht nehmen. Dazu zählt auch Heinrichs erneut geglücktes ‚3:2 für Deutschland’, das mit vielen Mythen aufräumt (der Phrase vom ‚Wir-sind-wieder-wer’ fehlt ihm zufolge etwa jegliche historische Authentizität)….“
SPORTBILD, 28. April 2004
„Vorzeitig beendet hatten einige europäische Fernsehsender die Übertragung der WM-Abschlussfeier 1954: Bei der Pokalübergabe stimmten die deutschen Fans das ‚Deutschlandlied’ an, die TV-Anstalten schalteten ab. Welche (Aus-)Wirkungen hatte der Sieg auf die Öffentlichkeit, die noch immer auf der Suche nach einer neuen Identität war? Gut recherchierte Hintergrundinformationen.
Tages-Anzeiger (Christian Andiel), Zürich, 21. April 2004
„Die Flut an gedruckten und gefilmten Beiträgen zum Jubiläum dieses Mythos ist groß, sie wird in den kommenden Monaten noch zusätzlich anschwellen. Ob in Büchern, auf der Kinoleinwand oder auf CD – überall schießt Helmut Rahn, werden Erinnerungen geweckt, Hintergründe gezeigt. Und auch Gerüchte über immer wieder auftauchende Dopingvorwürfe beleuchtet. Ein Buch von Arthur Heinrich (‚Die Gründung der Bundesrepublik im Wankdorf-Stadion zu Bern’) nimmt den konkretesten Bezug zwischen Sport und Politik.“
Tages-Anzeiger (Martin Halter), Zürich, 8. Juni 2004
„Dass sich das ‚Wunder von Bern’ gerade zum fünfzigsten Mal jährt, ist Zufall; dass es gerade jetzt so viele ergriffene Sänger und tief schürfende Deuter findet, eher nicht. Das 3:2 über Ungarn, in Filmen und Fernsehdokumentationen gerade wieder vielfach aufgefrischt, gehört nicht nur längst zur bundesdeutschen Mythologie: Es beschwört auch die gute alte Zeit, als die deutschen Tugenden noch etwas galten. Sowohl der Sozialhistoriker Franz-Josef Brüggemeier wie der Politikwissenschaftler Arthur Heinrich warnen freilich vor einer Überinterpretation. ‚Das Wunder von Bern’ stärkte das Selbstbewusstsein der jungen Bundesrepublik, aber der Jubel blieb gedämpft, der Stolz des ‚Wir sind wieder wer’ unpolitisch und vor allem: zivil.
Dass Sportsmänner – und eben nicht Soldaten – gekämpft und gesiegt hatten, war für Heinrich ein ‚Glücksfall’ der deutschen Geschichte.
HNA, 2. Juni 2004
„Eher politisch nähert sich der fußballkundige Politikwissenschaftler Arthur Heinrich in ‚3:2 für Deutschland’ dem Thema. Der Untertitel ‚Die Gründung der Bundesrepublik im Wankendorf-Stadion zu Bern’ verdeutlicht diesen sportpolitischen Ansatz. Bei Heinrich stehen die nationalistischen Interpretationsansätze durch den personell und moralisch stark belasteten Deutschen Fußball-Bund samt seines damaligen Präsidenten Peco Bauwens im Vordergrund. Heinrichs akribische Archivarbeit dokumentiert sich darüber hinaus in einem seitenlangen und für detailversessene Fans hochinteressanten Anhang.“
Der Übersteiger, Nr. 68, 30. Mai 2004 – Das „Wunder von Bern“ – mal anders betrachtet
„Die sportlichen Gesichtspunkte des Spiels werden glücklicherweise nur am Rande gestreift, dafür gibt es ja nun auch genügend andere Werke – hier sind vor allem die politischen und gesellschaftlichen Begleitumstände das Thema. Dass der Autor Politikwissenschaftler ist, wird sehr schnell deutlich, den das Ereignis ‚Bern’ wird ins politische Gesamtgeschehen jener Tage eingebettet und entsprechend bewertet. Natürlich bekommt auch der DFB, besonders der damalige Präsident Bauwens, sein Fett weg, dessen so genannte ‚Sieg-Heil-Rede’ beim Festbankett in München schon damals hohe Wellen schlug. Aber auch die Politiker, allen voran Bundespräsident Heuss, fanden aus heutiger Sicht durchaus bedenkliche Formulierungen. Es verwundert angesichts dieser Begleitumstände nicht, dass im Stadion bei der Siegerehrung lauthals die erste Strophe der Nationalhymne gesungen wurde.
Sehr interessant auch die Reaktionen im europäischen Ausland, vor allem in Frankreich und England, aber auch das Erleben der WM in der DDR – besonders die Schwierigkeiten, die damals augenscheinlich noch gewollte Ausgeglichenheit zwischen dem ungarischen Bruderland und den deutschen Landsleuten in der BRD zu wahren.
Was bleibt als Fazit? Trotz aller unschönen Nebengeräusche wertet der Autor den 4. Juli 1954 als Glücksfall für die Geschichte, denn dieser Erfolg trug dazu bei, eine zivile Identität herauszubilden – nun wurde Fußballern zugejubelt, nicht mehr Soldaten.“
supporters news (HSV), Nr. 39/Mai 2004
„Was geschah vor genau einem halben Jahrhundert wirklich, als Fritz Laband und Jupp Posipal die deutsche Elf zum Weltmeister-Titel führten? Wie erlebte Nachkriegsdeutschland und das Ausland das Wunder von Bern? Arthur Heinrich geht allen möglichen Fragen rund um die WM 1954 leidenschaftlich und kenntnisreich nach. Unter anderem untersucht er die Rolle des deutschen Fußballs im Nationalsozialismus. Fast logisch, dass er sich hierbei auch an die Fersen der damaligen HSV-Mannschaftskameraden Tull Harder und Asbjörn ‚Assi’ Halvorsen heftete. Harder war seinerzeit KZ-Aufseher, während der Norweger Halvorsen KZ-Insasse war. Ein trauriges Kapitel deutscher Fußballgeschichte, das aber unbedingt lesenswert ist, um die Umstände des Titelgewinns zu verstehen. Trotzdem: Das Buch ist eher was für einen verregneten Sommertag zu Hause. Nichts für das Freibad.“
Notbremse (Hannover 96), Nr. 32/Mai 2004
„Heinrichs Werk hebt sich dankenswerter Weise von den anderen Lobhudeleien zum Jahrestag des WM-Gewinns 1954 in Bern ab. Vielmehr versucht der Politologe aus Bonn, die politischen Dimensionen des ersten deutschen WM-Gewinns abzustecken. Dabei untersucht Heinrich anhand von Pressetexten die westdeutschen Befindlichkeiten. War der Sieg gegen Ungarn so etwas wie die späte Wiedergutmachung für Stalingrad, wie Autoren in den letzten Jahren behaupteten? War Rahns Siegtreffer der Startschuss für einen neuen deutschen Nationalismus? Heinrich kann beide Fragen aufgrund seiner präzisen Quellenarbeit verneinen und hilft ganz nebenbei auch, das Bild der elf Freunde von Spiez zu relativieren, die allesamt mit einer höchst professionellen Einstellung zum WM-Turnier fuhren. Wie gewohnt, legt Heinrich eine präzise politische Analyse der Geschehnisse im WM-Jahr 1954 vor. Auch der Fußball kommt nicht zu kurz. Auf knapp 55 Seiten erläutert der Autor den Weg der deutschen Nationalelf von der Qualifikation bis zum Finale von Bern. Erst danach beginnt Heinrich, den Geist der Zeit näher zu beleuchten, indem er beispielsweise den Werdegang von DFB-Präsident Bauwens nachzeichnet oder die Aufnahme des WM-Gewinns in der DDR beschreibt. Insgesamt ein fundiertes Buch, welches mit der 2000er Veröffentlichung des DFB mithalten kann.“
Dithmarscher Landeszeitung, 23. April 2004
„Eine Nummer kleiner ging es nicht: Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland vollzog sich neun Jahre nach Kriegsende im Wankdorf-Stadion zu Bern binnen oder gleich nach 90 Spielminuten, in denen Deutschland ein Fußball-Länderspiel mit 3:2 gewann. So haben das noch wenige gesehen.
Das Spiel war natürlich nicht irgendeins, sondern das WM-Finale gegen Ungarn. Aber Politikwissenschaftler Arthur Heinrich, geboren im Jahr des Rahn´schen Hintergrund-Schusses, widmet sich gar nicht so sehr dem Spiel, mehr seinen Auswirkungen.
Der Autor zitiert aus einer Allensbach-Studie, die 1952 auf die Frage, welcher ‚große Deutsche am meisten für Deutschland geleistet’ habe, mehrheitlich die Antwort ‚Bismarck’ erhielt, vor ‚Kaisern, Königen, Feldherrn’ und ‚Hitler’. Kanzler Adenauer bekam drei Prozent.
Heinrich verschweigt auch nicht beklemmende nationalistische Töne seitens des DFB nach dem Triumph von Bern. Er findet nur den Umgang damit erfreulich, wenn Radio-Anstalten die Rede des damaligen Präsidenten Peco Bauwens einfach ausblendeten.
In einer schuldbeladenen Nation konnte sich endlich ziviles Selbstbewusstsein bilden. ‚So betrachtet, war der 4. Juli 1954 ein ausgesprochener Glücksfall’, endet das Buch. Ob es gleich ‚die Gründung der Bundesrepublik’ war, sollte jeder für sich entscheiden.“