Der Titel dieses Bandes steht für eine zentrale Einsicht der Medizinischen
Anthropologie, wie sie von dem Heidelberger Neurologen Viktor von
Weizsäcker (1886–1957) sowohl philosophisch entwickelt als auch experimentell
begründet und in die ärztliche Praxis umgesetzt wurde. Anders
als in der modernen Medizin, deren Erfolge eher mit der Trennbarkeit
von Leben und Tod, von Gesundheit und Krankheit zu tun haben, geht es
hier um eine Vorstellung vom Leben, dessen Reichtum und Erfüllung aus
Situationen des Mangels und der Gefährdung erwachsen. Die Teilhabe
des Todes am Leben wird gleichsam zu einem partizipatorischen Paradigma
für alle Gegensätzlichkeiten des Lebendigen, seien es das Körperliche
und das Seelische oder das Eigene und das Fremde. Eine Medizin, für die
der Tod nicht nur ein Gegenspieler des Lebens ist, sondern »ein Teil des
Lebens selbst, ohne den Leben nicht Leben wäre«, hat für Weizsäcker »in
gleicher Kraft dem Leben und dem Tode zu dienen.« Solche paradox anmutende
Zusammenhänge erinnern an vergessene Konzepte der Frühen
Neuzeit und reformatorischen Anthropologie. Neben Martin Luther ist
hier vor allem an den Arzt und Naturforscher Paracelsus zu denken. Angeregt
von diesen überraschend aktuellen Ansätzen und herausgefordert
durch die Probleme im Umgang mit Sterben und Tod, kommen neben
der Neurologie und Palliativmedizin die Theologie und Philosophie, aber
auch die Medizin- und Literaturgeschichte kontrovers zur Sprache.
Aktualisiert: 2023-03-08
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Viktor von Weizsäckers im Wintersemester 1919/20 vor Hörern aller Fakultäten an der Heidelberger Universität gehaltene Vorlesung bildet nicht nur die religionsphilosophische Grundlegung seiner Medizinischen Anthropologie, sie antwortet auch auf die geistige Krise jener Zeit mit einer neuen Ordnung, die eine sehr alte ist: die biblische Schöpfungsgeschichte.
Am Leitfaden der Genesis geht es um das Verhältnis von Mensch, Natur und Gott – letztlich aber um das Urphänomen einer Gegensätzlichkeit, wie sie vom Schöpfungsbericht überliefert wird. Mit den Fragen nach Himmel und Erde, nach Anfang und Ende, nach Sein und Nichts – schließlich nach Wahrheit und Lüge formieren sich die zentralen Denkfiguren des späteren Werkes.
Die erstmals aus dem Nachlaß ergänzte und mit zeitgenössischen Materialien versehene Edition läßt sowohl die Herkunft der Vorlesung aus dem Gespräch mit Franz Rosenzweig als auch deren Nähe zum ostasiatischen Denken erkennen. Studien zur Ideengeschichte und Forschungslage dienen der kritischen Würdigung des Textbestandes.
Aktualisiert: 2023-04-13
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Aktualisiert: 2023-03-28
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Die in diesem Band enthaltenen frühen Arbeiten Viktor von Weizsäckers dokumentieren das spannungsvolle Nebeneinander von Naturwissenschaft und Naturphilosophie, das, als vorläufige Antwort Weizsäckers auf das einseitige klassisch-naturwissenschaftliche Denken der Medizin, seine Studien- und Assistenzzeit bestimmte.
Aktualisiert: 2023-03-28
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Anders als jene epistemologische Krise, die sich mit der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie verbindet, markiert die Entwicklung der Selbstorganisationsforschung nicht nur einen Theoriewandel, vielmehr stellt sie die Grundlagen der neuzeitlichen Wissenskultur selbst in Frage. Die Entsubstantialisierung von Natur und Geschichte führte im Falle der Geschichte zur wohl größten Ent-Täuschung des 20. Jahrhunderts.
Es ist überraschend zu sehen, wie sich das katastrophische Scheitern ideologisch aufgeladener Geschichtsteleologien im Lichte der Selbstorganisation nicht nur als unvermeidlich erweist, sondern gleichsam eine Dekonstruktion der Leitbegriffe der Moderne impliziert. Die Absage an die klassische Substanzmetaphysik und den Totalitarismus einer rationalen Fortschrittslogik führt mitten hinein in den abgebrochenen Dialog mit dem jüdischen Denken.
So sei mit dem vorliegenden Band der Versuch unternommen, bislang nicht thematisierte Bezüge des Paradigmas der Selbstorganisation zu anderen Formen geschichtlichen Denkens zu entfalten. Hierfür konnten neben dem Lyriker und Essayisten Günter Kunert und dem Naturphilosophen Klaus M. Meyer-Abich renommierte Kenner des jüdischen Denkens - u. a. Eveline Goodman-Thau aus Jerusalem - gewonnen werden. Nirgend deutlicher als im Horizont epochaler Bruchstellen geschichtlicher Erfahrung steht menschliches Leben unter dem Anspruch sowohl der Vergangenheit als auch der Zukunft. Es ist zugleich Antwort wie Versprechen. Gegen alle Utopien der Vollendbarkeit gründet sein Ethos in der Fragmentarität und Kontingenz der individuellen geschichtlichen Situation.
Aktualisiert: 2020-12-23
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Ein Dilemma kennzeichnet die moderne Medizin: wachsendem wissenschaftlichen, technisch-apparativen und finanziellen Aufwand korrespondiert ein wenn nicht abnehmender, so doch weithin fragwürdiger Erfolg. Welche Art von Erfolg ist es eigentlich, Schmerz, Krankheit und unzeitigen Tod vermeiden zu können? Verbirgt sich hinter diesem Dilemma letztlich nicht ein Konflikt zwischen der Kultur des Wissens und der Natur des Menschen, dessen Tragweite noch kaum gesehen wird? Gelang es bisher, die Naturfremdheit neuzeitlicher Wissenskultur zum Thema eben dieser Kultur zu machen, sie gleichsam ihrer kritischen Brisanz zu berauben, so kommt nunmehr die Natur menschlichen Lebens selbst und deren kulturelle Überformung als existentielles Problem in den Blick.
Häufig wird übersehen, daß die Leistungsfähigkeit moderner Kultur einem Wissenstypus geschuldet ist, dessen Methodologie die Ausblendung all dessen erfordert, was die Natur nicht nur des Menschen, sondern alles Lebendigen erst bestimmt: Individualität, Geschichte und Beziehung. Objektivität und Logik diskursiver Denkformen verhindern im Bereich der lebendigen Natur genau das, was sie zu leisten vorgeben. Nichts verweist dramatischer auf die eigentümliche Ortlosigkeit der Medizin zwischen Kultur und Natur, zwischen Denken und Leben als die Aporetik der gegenwärtigen medizinethischen Diskurse.
Im Lichte der Dialektik von Teil und Ganzem, von Gesundheit und Krankheit, von Biographie und Kausalität, aber auch jener von Leben und Tod, von Gewißheit und Schicksal, der kulturkritischen Potenz des Konzeptes der Selbstorganisation zur Wirksamkeit zu verhelfen, soll Aufgabe dieses Bandes sein.
Aktualisiert: 2020-12-23
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Im Jahr 1926 veröffentlichte Viktor von Weizsäcker im ersten Jahrgang der von ihm gemeinsam mit Martin Buber und Joseph Wittig begründeten Zeitschrift "Die Kreatur" einen Essay unter dem Titel "Die Schmerzen". Als sprachliche Form des Umgangs mit dem Schmerz wird dieser Text gleichwohl zum Plädoyer für das Problematische am Verhältnis von Schmerz und Sprache. Die Not der Unsagbarkeit läßt den Schmerz zum Indikator für den Verlust einer Ordnung werden, die Sprache wie Leben allererst ermöglicht. "So wird die Wahrnehmung des Schmerzes verwandelt in eine Kritik der Wirklichkeit, in ein Instrument der Scheidung von echt und unecht in der Erscheinung des Lebendigen."
Weder war bislang der literarische und philosophische Wert dieses Essays im Blick, noch ist gesehen worden, daß mit dem hier dargestellten besonderen Zusammenhang von Schmerz und Sprache eine Grundlegung der therapeutischen Kompetenz Medizinischer Anthropologie erfolgt.
So wirft der vorliegende Band nicht nur neues Licht auf die Genese eines bedeutsamen Versuchs zur Revision der Grundlagen moderner Medizin, er gibt überdies Einblicke in eine faszinierende geistige Konstellation zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Ihrer antiken Herkunft entsprechend, werden Literatur, Philosophie und Theologie zu Gefährten der Medizin in der Sorge um den Menschen.
Der Band ist dem Andenken an den Heidelberger Philosophen Reiner Wiehl gewidmet.
Aktualisiert: 2019-01-08
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