Im Jahr 2004 ist unter dem Titel „Pädagogik und Rechtswissenschaft im Gespräch“ der erste Band dieser interdisziplinären Brückenschläge veröffentlicht worden. Der nun folgende zweite Band stellt die juristische Seite voran und beginnt mit dem mittlerweile zu seiner Unkenntlichkeit verzerrten Menschenrecht auf Asyl. In den Abhandlungen dieses ersten Teils spricht sich meine mehr als zehnjährige anwaltliche Arbeit mit asylsuchenden Menschen aus – in einer Zeit, in der das Recht dieser Menschen immer stärker gebeugt wurde durch eine Änderung des Grundgesetzes und unzählige Gerichtsurteile. Meinem Protest gegen diese staatlich erzwungene Verkümmerung eines Menschenrechts habe ich in verschiedenen Abhandlungen und in dem Buch „Vom Recht der Fliehenden“ (Frankfurt 1988) zum Ausdruck gebracht.
So findet der erste Teil die Überschrift „Menschen-Recht der Fliehenden“. Der Mitarbeit in dem Vorstand des „Freundeskreises für ausländische Flüchtlinge im Regierungsbezirk Unterfranken“ folgte die im Jahr 1991 beginnende anstrengende und herausfordernde Arbeit als Vorsitzender der Kreisgruppe Würzburg des Bunds Naturschutz in Bayern. Die Situation der sogenannten „Umweltflüchtlinge“ verdeutlichte sich mir in der Begegnung mit Menschen aus Tschernobyl und Bangladesh. Bei den einen mussten Zusammenhänge zwischen den energiepolitischen Fragen und dem Asylrecht bedacht werden, was ich gegenüber dem Landratsamt mit weit ausgreifenden anwaltlichen Schriftsätzen versucht habe; bei den anderen verwies ich auf die herandrohende Gefährdung durch verheerende Flutkatastrophen, die ich zurückführte auf die damals schon unübersehbare Erhitzung des Weltklimas, euphemistisch „Klimawandel“ heute genannt. Die Ausländerbehörde konnte dieser Argumentation nichts abgewinnen, zumal in den Schriftsätzen in den ministeriellen Richtlinien und Akten nicht vorgesehene Verbindungen geschlagen wurden.
Ich habe in meiner Arbeit versucht, Verbindungen zwischen den Menschenrechten und dem ökologischen Recht auch in den Bund Naturschutz in Bayern hineinzutragen. Von 1991 bis 1995 war ich Vorsitzender der Kreisgruppe Würzburg des Bunds Naturschutz in Bayern. Die kleine Abhandlung „Ökologische Erdkrise und interkultureller Schutz der Natur“ habe ich verfasst zum Ende meiner Tätigkeit als Vorsitzender. Mir ist es immer deutlich gewesen, dass es ohne Ökologie keine Gerechtigkeit für die Armen gibt. Das Maß der Gerechtigkeit geht dahin, die Rechte der Armen und Machtlosen auf ihr eigenes Leben zu stärken und die Ansprüche der Reichen auf Nutzung der Naturressourcen zurückzudrängen. So wird in der Abhandlung „Ökologie und Gerechtigkeit“, die ich im Jahr 2003 veröffentlicht habe in dem Franz Fischer Jahrbuch für Philosophie und Pädagogik, in Erinnerung an die Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Rio de Janeiro und in Johannesburg unterschieden zwischen einer Armuts-Ökologie und einer Reichtums-Ökologie: Ohne Umweltschutz keine Armutsbekämpfung. Hier findet sich im übrigen auch die Warnung vor einem „ökologischen Imperialismus“, die bereits Ivan Illich deutlich ausgesprochen hat. Die Abhandlung „Menschenrecht und ökologisches Recht“ ist im Zusammenhang meiner Mitarbeit in der „Studiengruppe Entwicklungsprobleme der Industriegesellschaft“ entstanden.
Andere Versuche, die der bedrängenden Not und der Lust an Quer-Schlägen geschuldet sind, richteten sich auf die Probleme von Öko-Tarifverträgen. Hier geht es um den Schutz der menschlichen Gesundheit in der Arbeitswelt und um den betrieblichen Umweltschutz, wobei den Hintergrund damals – im Jahr 1994 – schon die Suche nach einer ökologischen Energiewirtschaft bildete. Der Aufbau eines ökologisch gegründeten Wirtschaftens war mir immer dringlicher erschienen, wobei ich versucht habe, Gewerkschaften auf die Konzipierung und den Abschluss von Öko-Tarifverträgen hin anzusprechen. So endet der zweite Teil, der die Überschrift trägt „Menschen-Rechte und ökologisches Recht“. Die ökologische Erdkrise ruft auf zu einem interkulturell gegründeten Schutz der Natur, zu einer ökologischen Anstrengung aus der Armut heraus. Diese Anstrengung ließ mich nicht nur Paulo Freire, Ivan Illich, Mahatma Gandhi erneut entdecken.
Der dritte Teil sammelt Gedanken über „Rechtsfragen in der Elementarpädagogik“. Im Auftrag des Montessori-Landesverbands Bayern, in dessen Vorstand ich über mehrere Jahre mitgearbeitet habe und den ich immer noch in rechtlichen Fragen berate, habe ich mich beteiligt an der Reform des früheren Bayerischen Kindergartengesetzes, die im Jahr 2005 zu dem Bayerischen Kinderbildungs- und –betreuungsgesetz geführt hat. Meine Überlegungen wurden in der Zeitschrift „Montessori-Forum“, dem damaligen Organ des Montessori-Landesverbands Bayern, veröffentlicht und an verschiedene Montessori-Kinderhäuser weitergegeben. Darüber hinaus war und ist es mir wichtig, die Rechte der Kinder selber hervorzuheben – gerade in Kriegssituationen. So trägt dieser dritte Teil die Überschrift „Kinder-Rechte und Kindergartenrecht“. Die Brücken zwischen der Rechtswissenschaft und der Pädagogik zu spannen, gelingt leicht mit der Hervorhebung von Kinder-Rechten. Ein Seminar an der Universität Kassel wandte sich der Situation der Kindersoldaten zu. Dafür hatte ich in Würzburg verschiedene Menschenrechtsorganisationen eingeladen, unterschiedene Öffentlichkeiten zu erreichen. Der öffentliche Protest während eines Würzburger Kinderfestes akzentuierte das Recht der Kinder, sich gegen jeden Krieg zu richten. Mit diesem Teil hebe ich jene Themen hervor, die ich in den Fachbereich 1 Erziehungs- und Humanwissenschaften der Universität Kassel, früher: Gesamthochschule, einzubringen versucht habe.
Der vierte Teil „Jugend-Recht: Delinquenzpädagogik und Erziehung im Recht“ wendet sich Fragen des Jugend-Kriminal-Rechts zu. Damit soll mein kritisches Interesse an dem Erziehungsgrundsatz des Jugendstrafrechts verdeutlicht werden, das mich auch zu der Mitgliedschaft in der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen und in der Würzburger Aktionsgemeinschaft Sozialisation geführt hat. Eine geänderte Fassung der Abhandlung „Sokratisches Lernen und Jugend-Recht“ ist in der „Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe“ erschienen im Jahr 2007 (Seite 175 – 180), dem Organ der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen. Freilich überschreite ich mit dem Blick auf die von Viktor E. Frankl begründeten Jugendberatungsstellen in verschiedenen Städten die Bahnen des Jugendkriminalrechts – wie eigentlich begonnen schon nach der Überwindung des ersten Staunens und Schreckens angesichts der teilweisen Dürftigkeit des Studiums der Rechtswissenschaft. Trotz dieser heftigen Bemerkung: Stets ist mein Interesse an einer Auseinandersetzung mit Problemen des Jugend-Kriminal-Rechts und des Strafrechts ungebrochen geblieben. In diesem Teil des Buchs erläutere ich auch die erzieherische Aufgabe, wie ich sie als Verteidiger in Jugendstrafverfahren zu praktizieren mich angestrengt habe. Im Sinne der Brückenschläge sind in diesen Teil auch „Gedanken zur Sozialpädagogik Friedrich Siegmund-Schultzes“ aufgenommen worden, die ich vor mehr als zwei Jahrzehnten niedergeschrieben habe. Diese Abhandlung geht auf den Sozialpädagogen Friedrich Siegmund-Schultze zu, der aus aufbegehrendem christlichem Geist heraus zur Verweigerung jedem Krieg gegenüber aufgerufen hat. Später habe ich das Würzburger Friedensbündnis mitgegründet, immer auf der Suche nach den zu überschreitenden Grenzen der Gewaltfreiheit.
Damit ist die Frage gestellt, wie sie gelebt werden kann – weit über das Schreiben eines Buches hinaus.
In dem fünften Teil „Fragen des Strafrechts und des Strafvollzugs“ gedenke ich des Strafrechtlers und Rechtsphilosophen Gustav Radbruch und seines Schülers Albert Krebs. Die erste Abhandlung, die in der Gedächtnisschrift für den großen Reformer des Strafvollzugs veröffentlicht worden ist, bedenkt seine Anregungen durch den Rechtsphilosophen und Strafrechtler, der sich früh schon der Kritik der Kriminalstrafe, der Suche nach einem Besseren als dem Strafrecht und dem Strafvollzug zugewandt hat. Auf diese Weise setze ich die für mich mit der Studenten-Revolte des Jahres 1968 verbundene Kritik des Studiums der Rechtswissenschaft fort. Damals führte diese Kritik (des Fehlens der Strafvollzugskunde, der Rechtssoziologie, der Kriminologie als unaufgebbaren Teilen des Studiums) mich an den Rand der Relegation von der Universität Würzburg.
In der folgenden Abhandlung „Gotteslästerung und Strafrecht“ greife ich Verbindungen zwischen der Diskussion der Grenzen des Strafrechts und dem Studium der Theologie auf, das ich noch vor der Zweiten Juristischen Staatsprüfung begonnen habe, begleitet durch das der Philosophie und der Pädagogik. Damit ging die Unzufriedenheit mit dem Ungenügen des Studiums der Rechtswissenschaft noch deutlicher über in jene inter- und transdisziplinäre Anstrengung, die ich eigentlich von Anfang an als Sinn eines Studiums verstanden, aber selber in den ersten Semestern nur unzureichend unternommen habe. In dem kleinen Essay „Gedanken zu sexuellem Missbrauch von Kindern“ spiegeln sich Tätigkeiten des Rechtsanwalts wieder, der in Strafverfahren an der Seite von Kindern gearbeitet und auch männliche Täter verteidigt hat. Meine Bedingung für die Übernahme eines Mandats war stets die Übereinstimmung mit dem Mandanten darin, dass er nicht verteidigt werden wollte gegen sein eigenes Kind, dass er es nicht durch den Vorwurf der Lüge herabsetzen durfte. Die Abhandlung „Terror und Versöhnung“ ist in der Zeitschrift „Vorgänge“ im Jahr 1988 veröffentlicht worden.
Die Lehrtätigkeit auf dem Feld der inter- und transkulturellen Pädagogik an den Universitäten Kassel und Würzburg führte mich zurück zu Fragen nach dem Sinn des Studiums und zu der Begründung der ökologischen Verantwortung einer Hochschule. Hier rufe ich auf zu dem „Mut zur ökologischen Verantwortung einer Hochschule“ und umreiße „Die Verantwortung der Universitäten“. Das ist dann auch die Überschrift des sechsten Teils.
Auf Fragen der Abfallvermeidung, des Energieeinsparens, der Begründung einer ökologischen Heilpädagogik die Aufmerksamkeit von Studierenden und Lehrenden zu lenken, ist mir aber nicht hinreichend gelungen. Vielleicht kann dieses Misslingen die Quelle weiterer Versuche werden.
Fragen der Integration (später: Inklusion) von Menschen mit Behinderung wurden mir schon deutlich in den Jahren 1990 und 1991, als ich mich beteiligt habe an der Gründung der Montessori-Schule in Würzburg. Zu dieser Zeit begann die Auseinandersetzung mit schulrechtlichen Fragen, die zu einer Mitarbeit in dem Montessori-Landesverband Bayern führte, in den letzten Jahren in dem Vorstand des Montessori-Dachverband Deutschland. Freilich spreche ich in der Kritik richterliche Urteile (bis hin zu einer wichtigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.10.1997 ) nicht allein die Sprache der Montessori-Pädagogik. Die Brücken wurden zudem von dem Schul- und Kinder- und Jugendhilferecht auch zu sozialrechtlichen Themen geschlagen. Dieses Kapitel trägt die Überschrift „Eingliederung oder wechselseitige Selbstbestimmung?“.
Im achten Teil gehe ich weiter Gedanken zum „Schul- und Bildungsrecht“ nach. Über die Beratung unterschiedlicher Schulen und Kinderhäuser hinaus arbeite ich seit Jahren in dem Vorstand des Montessori Dachverband Deutschland mit, wobei die Versuche, die Bildungspolitik zu beeinflussen, bislang nicht stark genug ausgeprägt werden konnten. Der Aufruf, nicht von Privatschulen zu sprechen, vielmehr die öffentliche Verantwortung aller Schulen zu betonen, verlangte, genauer über den Begriff der Öffentlichkeit nachzudenken, das öffentliche Interesse nicht mit den Interessen des Staates und mit Gewinn arbeitender Schulinitiativen gleichzusetzen, zugleich mich aufzulehnen gegen eine Fortsetzung der Ökonomisierung des Bildungswesens.
Der neunte Teil „Ziviler Ungehorsam – ein Zugang zur atomwaffenfreien Erde“ öffnet verschiedene Wege der Gewaltfreiheit. Immer geht es mir dabei auch um Bestimmungen des Sinns und der Grenzen der Gewaltfreiheit. Lebenspraktische Schritte führten über die der dreijährigen Wehrdienstzeit (Kriegsdienstzeit) folgende Kriegsdienstverweigerung zu der Mitgründung einer Bildungs- und Begegnungsstätte für Gewaltfreiheit, zu einer Beteiligung an der Gründung des „Bundes für soziale Verteidigung“, zu dem Einüben des zivilen Ungehorsams, dem auf der pädagogischen Ebene eine Erziehung in der und zu der Unbotmäßigkeit entspricht. Nicht nur in strafrechtlicher Sicht habe ich mich den „Sitzblockaden im Zeitalter neuer Kriege“ zugewandt, sondern mich auch an der heftigen Diskussion beteiligt, ob Soldaten potentielle Mörder sind.
Das Buch endet mit der Andeutung eines „Wegs zur Mediation“, mit dem die Kritik des Machtprinzips des Rechts erneuert und zugleich wieder die Brücke zur Pädagogik geschlagen wird.
Arnold Köpcke-Duttler