Einführung in die vierte Sammlung
Die vierte Sammlung der Lebenswege in Thüringen stellt wieder Persönlichkeiten
vor, die in der Vergangenheit auf den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern
gewirkt oder durch ihr Lebensschicksal Aufmerksamkeit erweckt haben. Aus
der sagenhaften Zeit der Minnesänger grüßt Heinrich Hetzbolt von Weißensee
(Nr. 335), Kastellan auf der Runneburg, in unser Jahrhundert herüber, das
„Autorenporträt“ in der Manessischen Liederhandschrift stellt ihn, den Namen
interpretierend, als mutigen Jäger dar.
In der ersten Hälfte des 16. Jhs. wirkten Friedrich Myconius (Nr. 371) und
Georg Rörer (Nr. 379) im Dienste der lutherischen Reformation, Michael
Meyenburg (Nr. 365) und Apollo Wiegand (Nr. 398) aus Nordhausen erweisen
sich im Bürgermeisteramt als geschickte Verwaltungsstrategen. Johannes Girbert
(Nr. 324) und Johannes Clajus d. Ä. (Nr. 313), beides Gymnasialdirektoren
in der freien Reichsstadt, spielten in der Geschichte der deutschen Grammatik
eine Rolle. Nicolaus Stenger (Nr. 392), dem der Aufstieg aus dem
Handwerker- in den Gelehrtenstand gelang, übte als Senior des Evangelischen
Ministeriums in Erfurt Mitte des 17. Jhs. großen Einfluß auf das städtische
Leben aus.
Eine außergewöhnliche Frau war Gräfin Katharina von Schwarzburg (Nr.
347), genannt die Heldenmütige. Das ihr innewohnende Rechtsgefühl befähigte
sie, dem gefürchteten spanischen Heerführer Herzog Alba mutig die Stirn
zu bieten und ihn selbstbewusst in seine Schranken zu weisen. Von der Fabel
beeindruckt, griff Schiller bei einem seiner Aufenthalte in Rudolstadt die Begebenheit
auf und sicherte damit für alle Zeiten Katharinas Nachruhm. Über
das Leben der Gräfin Clara von Schwarzburg-Frankenhausen (Nr. 314) ist
weniger Spektakuläres zu berichten. 60 Jahre lebte sie nach dem Tod ihres
Gemahls (1598) bis 1658 auf ihrem Witwensitz Schloss Heringen, dabei verantwortungsbewusst
um die Absicherung der Lebensverhältnisse von Anverwandten
und Stadtbewohnern besorgt. Etwa zur gleichen Zeit wurde durch
den Gothaer Gymnasialdirektor Andreas Reyher (Nr. 378) das Unterrichtswesen
reformiert, die von ihm verfassten Schulbücher wurden in der eigens zu
diesem Zweck errichteten Druckerei hergestellt und waren lange Jahre die
Grundlage für das vorbildhafte Schul- und Bildungswesen, das sich seit der
Mitte des 17. Jhs. im Sachsen-Gothaischen entfaltete.
Das Gothaer Hofleben zur Zeit der Herzogin Luise Dorothee (Nr. 357)
wird kurz gestreift und der Blick nach Frankreich gelenkt, von wo aus der in
Paris lebende Diplomat Friedrich Melchior von Grimm (Nr. 332) eine „Correspondance
littéraire“ führte, in der er regelmäßig über aktuelle Ereignisse
berichtete und die eine überaus aufschlußreiche Quelle von großem kulturgeschichtlichem
Wert darstellt.
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Einführung in die vierte Sammlung
Die vierte Sammlung der Lebenswege in Thüringen stellt vor, die in der Vergangenheit auf den unterschiedlichsten gewirkt oder durch ihr Lebensschicksal Aufmerksamkeit der sagenhaften Zeit der Minnesänger grüßt Heinrich Hetzbolt (Nr. 335), Kastellan auf der Runneburg, in unser Jahrhundert „Autorenporträt“ in der Manessischen Liederhandschrift interpretierend, als mutigen Jäger dar.
In der ersten Hälfte des 16. Jhs. wirkten Friedrich Myconius Georg Rörer (Nr. 379) im Dienste der lutherischen Meyenburg (Nr. 365) und Apollo Wiegand (Nr. 398) aus sich im Bürgermeisteramt als geschickte Verwaltungsstrategen. (Nr. 324) und Johannes Clajus d. Ä. (Nr. 313), beides in der freien Reichsstadt, spielten in der Geschichte eine Rolle. Nicolaus Stenger (Nr. 392), dem Handwerker- in den Gelehrtenstand gelang, übte als Senior Ministeriums in Erfurt Mitte des 17. Jhs. großen Einfluß Leben aus.
Eine außergewöhnliche Frau war Gräfin Katharina 347), genannt die Heldenmütige. Das ihr innewohnende sie, dem gefürchteten spanischen Heerführer Herzog zu bieten und ihn selbstbewusst in seine Schranken zu beeindruckt, griff Schiller bei einem seiner Aufenthalte auf und sicherte damit für alle Zeiten Katharinas das Leben der Gräfin Clara von Schwarzburg-Frankenhausen weniger Spektakuläres zu berichten. 60 Jahre lebte sie Gemahls (1598) bis 1658 auf ihrem Witwensitz Schloss um die Absicherung der Lebensverhältnisse und Stadtbewohnern besorgt. Etwa zur gleichen den Gothaer Gymnasialdirektor Andreas Reyher (Nr. reformiert, die von ihm verfassten Schulbücher wurden diesem Zweck errichteten Druckerei hergestellt und Grundlage für das vorbildhafte Schul- und Bildungswesen, Mitte des 17. Jhs. im Sachsen-Gothaischen entfaltete.
Das Gothaer Hofleben zur Zeit der Herzogin Luise wird kurz gestreift und der Blick nach Frankreich gelenkt, Paris lebende Diplomat Friedrich Melchior von Grimm littéraire“ führte, in der er regelmäßig über berichtete und die eine überaus aufschlußreiche Quelle Wert darstellt.
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Die im 19. Jh. aufkommende Reformpädagogik Friedrich Fröbels (Nr. 225)
nahm ihren Anfang im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt und breitete sich
weltweit aus. Frauen wie Thekla Naveau (Nr. 372) und Ida Seele-Vogeler (Nr.
387) setzten sich, von der Richtigkeit des Kindergartengedankens überzeugt,
tatkräftig und beharrlich für dessen Verwirklichung ein. August Köhler (Nr.
351), der 1846/48 als Lehrer und Erzieher in Schnepfenthal begann, widmete
sich alsbald ausschließlich der Kleinkindererziehung und gründete Kindergärtnerinnen-
und Lehrerinnenseminare zur Berufsausbildung junger Frauen und
Mädchen. Geleitet vom Motiv der Wohltätigkeit stiftete Fürstin Caroline von
Schwarzburg-Sondershausen (Nr. 311) in Arnstadt 1830 eine Kleinkinderbewahranstalt
und 1839 eine Näh- und Strickschule zur Existenzsicherung von
Töchtern unbemittelter Eltern.
Das 200-jährige Jubiläum des ersten Frankenhäuser Musikfestes (1810) war
Anlaß, den Lebensweg von Kantor Georg Friedrich Bischoff (Nr. 306) zu
verfolgen. Ausgehend von der in Frankenhausen entwickelten Aufführungspraxis,
faßte der Musikfestgedanke sogleich im mitteldeutschen Raum Fuß. In
Erfurt hatte schon der Organist und Musikdirektor Michael Gotthardt Fischer
(Nr. 320) Ähnliches unternommen, 1845 gestaltete Friedrich Adolf Wandersleb
(Nr. 396) mit 1000 Sängern und 180 Instrumentalisten das dritte Thüringer
Sängerfest, während Friedrich Solle (Nr. 390), Kantor und Schullehrer in Zeulenroda,
das städtische Kulturleben bereicherte. Eine markante und gewinnende
Persönlichkeit der frühen Musikfeste war der Sänger, Gitarrist und Liederkomponist
Albert Methfessel (Nr. 364), zuletzt Kapellmeister in Braunschweig.
Musikalisch eingebunden in das Weißenbornsche Sängerkränzchen war auch
der Eisenacher Turnlehrer und Branddirektor August Herbart (Nr. 336), der
als Mundartdichter bekannt wurde.
Am Beispiel der Familie Gotter ist die Bedeutung leistungsfähiger ortsansässiger
Familienverbände für das städtische Gemeinwesen zu erkennen. Der
rhetorisch begabte Gothaer Generalsuperintendent und Oberhofprediger Johann
Christian Gotter (Nr. 327) hinterließ zahlreiche gedruckte Leichenpredigten,
die wertvolle biographische Hinweise enthalten, und wirkte (aus der zweiten
Ehe hatte er 12 Kinder) über drei seiner Söhne weit in die Zukunft hinein:
Der Gothaer Kammersekretär Johann Michael Gotter (Nr. 329) war der
Vater des auf großem Fuß lebenden, angesehenen Diplomaten Gustav Adolf
Graf von Gotter (Nr. 326), zeitweilig Schloßherr im nahegelegenen Molsdorf.
Über die Tochter Ludmilla Magdalene (1708 – 1757), die ihren Vetter Heinrich
Ernst Gotter (1703 – 1772) heiratete, wurde J. M. Gotter schließlich zum
Großvater des Bühnendichters Friedrich Wilhelm Gotter (Nr. 328), der sich zu
Lebzeiten allgemeiner Beliebtheit erfreute.
Johann Ernst Gotter (1659 – 1724), Pfarrer in Goldbach, zählt zu den Vorfahren
des Volksschriftstellers Ludwig Storch (Nr. 287) und Ludwig Andreas
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aufkommende Reformpädagogik Friedrich Fröbels (Nr. 225)
Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt und breitete sich
wie Thekla Naveau (Nr. 372) und Ida Seele-Vogeler (Nr.
der Richtigkeit des Kindergartengedankens überzeugt,
beharrlich für dessen Verwirklichung ein. August Köhler (Nr.
Lehrer und Erzieher in Schnepfenthal begann, widmete
ausschließlich der Kleinkindererziehung und gründete Kindergärtnerinnen-
Lehrerinnenseminare zur Berufsausbildung junger Frauen und
Motiv der Wohltätigkeit stiftete Fürstin Caroline von
Sondershausen (Nr. 311) in Arnstadt 1830 eine Kleinkinderbewahranstalt
eine Näh- und Strickschule zur Existenzsicherung von
Eltern.
Jubiläum des ersten Frankenhäuser Musikfestes (1810) war
von Kantor Georg Friedrich Bischoff (Nr. 306) zu
von der in Frankenhausen entwickelten Aufführungspraxis,
Musikfestgedanke sogleich im mitteldeutschen Raum Fuß. In
Organist und Musikdirektor Michael Gotthardt Fischer
unternommen, 1845 gestaltete Friedrich Adolf Wandersleb
Sängern und 180 Instrumentalisten das dritte Thüringer
Friedrich Solle (Nr. 390), Kantor und Schullehrer in Zeulenroda,
Kulturleben bereicherte. Eine markante und gewinnende
frühen Musikfeste war der Sänger, Gitarrist und Liederkomponist
Methfessel (Nr. 364), zuletzt Kapellmeister in Braunschweig.
eingebunden in das Weißenbornsche Sängerkränzchen war auch
Turnlehrer und Branddirektor August Herbart (Nr. 336), der
bekannt wurde.
Familie Gotter ist die Bedeutung leistungsfähiger ortsansässiger
für das städtische Gemeinwesen zu erkennen. Der
Gothaer Generalsuperintendent und Oberhofprediger Johann
Nr. 327) hinterließ zahlreiche gedruckte Leichenpredigten,
biographische Hinweise enthalten, und wirkte (aus der zweiten
Kinder) über drei seiner Söhne weit in die Zukunft hinein:
Kammersekretär Johann Michael Gotter (Nr. 329) war der
Fuß lebenden, angesehenen Diplomaten Gustav Adolf
326), zeitweilig Schloßherr im nahegelegenen Molsdorf.
Ludmilla Magdalene (1708 – 1757), die ihren Vetter Heinrich
1703 – 1772) heiratete, wurde J. M. Gotter schließlich zum
Bühnendichters Friedrich Wilhelm Gotter (Nr. 328), der sich zu
Beliebtheit erfreute.
(1659 – 1724), Pfarrer in Goldbach, zählt zu den Vorfahren
Volksschriftstellers Ludwig Storch (Nr. 287) und Ludwig Andreas
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Gotter (Nr. 330) wurde Kammerrat, er lebt als Kirchenliederdichter in den
Gesangbüchern fort.
Die Biographien führen im Einzelnen vor Augen, wie entscheidend zu jener
Zeit Geburt und Herkommen sind, wie unterschiedlich die Bildungswege
verlaufen können. Häufig beginnt es mit Privatunterricht (Vater, Mutter oder
Hauslehrer), es folgt der Einstieg in die sprachlich orientierte gymnasiale Ausbildung,
die allein den Besuch einer Universität ermöglichte. Hatte das Kind
aber nur in einer Dorf- oder Stadtschule bzw. Volksschule seine Kenntnisse
erwerben können, bestand eine fast unüberwindliche Schranke zum gesellschaftlichen
Aufstieg. In Thüringen setzte allerdings schon frühzeitig für Landeskinder
eine Begabtenförderung mit Hilfe von Stipendien und Legaten ein.
So wurde Johann Matthäus Bechstein (Nr. 302) von 1771 an der Besuch des
Gothaer Gymnasiums ermöglicht. Vielseitig naturwissenschaftlich interessiert,
konnte er sich während des Theologiestudiums an der Universität Jena
1778/81, deren breiten Fächerkanon nutzend, vielseitig ausbilden. Aus Bechstein
wurde ein ungewöhnlich produktiver naturwissenschaftlicher Fachautor,
der die Forstlehranstalt in Dreißigacker bei Meiningen 1800/01 begründete
und bis zu seinem Tod (1822) leitete. Als akademische Ausbildungsstätte steht
die Universität Jena bei den in dieser Sammlung vereinigten Persönlichkeiten
obenan, gefolgt von Leipzig, Göttingen, Halle und Wittenberg.
Der Jurist Ernst Christoph Homburg (Nr. 342) wurde als Liederdichter
bekannt, während der in Wandersleben geborene Christian Friedrich Hunold
(Nr. 343), der das Pseudonym Menantes verwendete, als Verfasser satirischer
Schriften und von Opernlibretti an die Öffentlichkeit trat. Der Ichtershäuser
Superintendent und Fabeldichter Wilhelm Hey (Nr. 339) fand unter den Kindern
ein dankbares Lesepublikum. Einprägsam sind auch die Schicksale des
Sondershäuser Dichters und Publizisten Johann Karl Wezel (Nr. 397) und des
erblindeten Mundartdichters und Eisenacher Sagensammlers Ludwig Wucke
(Nr. 400).
Während der Arnstädter Arzt Johannes Wittich (Nr. 399) schon im 16. Jh.
eine Reiseapotheke empfahl, stellte der Gothaer Hof- und Leibmedikus Daniel
Ludwig (Nr. 356) im 17. Jh. eine Feldapotheke zusammen, beide Ärzte hinterließen
in gedruckter Form Ratschläge aus ihrem medizinischen Erfahrungsschatz.
Als Fachwissenschaftler werden die Geologen Adolf Franke (Nr. 321)
und Ferdinand Senft (Nr. 388), der Entomologe und Polytechniker Theodor
Thon (Nr. 394), den das Interesse für die Stenographie mit dem Meininger
Prinzenerzieher und Dichter Friedrich Mosengeil (Nr. 369) verband, vorgestellt.
Der Theologieprofessor Adolf Hilgenfeld (Nr. 340) wirkte jahrzehntelang
an der Universität Jena und bildete Generationen künftiger Pfarrer heran.
Der Physiker Otto Eppenstein (Nr. 318), „ein Mann der Praxis“, erwarb wäh-
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Gotter (Nr. 330) wurde Kammerrat, er lebt als Kirchenliederdichter Gesangbüchern fort.
Die Biographien führen im Einzelnen vor Augen, wie Zeit Geburt und Herkommen sind, wie unterschiedlich verlaufen können. Häufig beginnt es mit Privatunterricht Hauslehrer), es folgt der Einstieg in die sprachlich orientierte die allein den Besuch einer Universität ermöglichte. aber nur in einer Dorf- oder Stadtschule bzw. Volksschule erwerben können, bestand eine fast unüberwindliche Aufstieg. In Thüringen setzte allerdings schon eine Begabtenförderung mit Hilfe von Stipendien So wurde Johann Matthäus Bechstein (Nr. 302) von Gothaer Gymnasiums ermöglicht. Vielseitig naturwissenschaftlich konnte er sich während des Theologiestudiums an 1778/81, deren breiten Fächerkanon nutzend, vielseitig wurde ein ungewöhnlich produktiver naturwissenschaftlicher der die Forstlehranstalt in Dreißigacker bei Meiningen und bis zu seinem Tod (1822) leitete. Als akademische die Universität Jena bei den in dieser Sammlung vereinigten obenan, gefolgt von Leipzig, Göttingen, Halle und Wittenberg.
Der Jurist Ernst Christoph Homburg (Nr. 342) bekannt, während der in Wandersleben geborene Christian (Nr. 343), der das Pseudonym Menantes verwendete, Schriften und von Opernlibretti an die Öffentlichkeit Superintendent und Fabeldichter Wilhelm Hey (Nr. 339) ein dankbares Lesepublikum. Einprägsam sind Sondershäuser Dichters und Publizisten Johann Karl erblindeten Mundartdichters und Eisenacher Sagensammlers (Nr. 400).
Während der Arnstädter Arzt Johannes Wittich (Nr. eine Reiseapotheke empfahl, stellte der Gothaer Hof- Ludwig (Nr. 356) im 17. Jh. eine Feldapotheke zusammen, in gedruckter Form Ratschläge aus ihrem medizinischen Als Fachwissenschaftler werden die Geologen und Ferdinand Senft (Nr. 388), der Entomologe und Thon (Nr. 394), den das Interesse für die Stenographie Prinzenerzieher und Dichter Friedrich Mosengeil (Nr. Der Theologieprofessor Adolf Hilgenfeld (Nr. an der Universität Jena und bildete Generationen Der Physiker Otto Eppenstein (Nr. 318), „ein Mann der
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rend seiner Tätigkeit bei der Firma Carl Zeiss Jena in der ersten Hälfte des 20.
Jhs. auf dem Gebiet des optischen Gerätebaus an die hundert Patente.
Friedrich von Schlichtegroll (Nr. 383) ging 1807 nach München, um der Bayerischen
Akademie der Wissenschaften als Generalsekretär zu dienen. In einem
Nachruf wurde sein „Sinn für alle Zweige des Wissens“ gewürdigt. Seit dem
18. Jh. hatte sich der Ausbau eines Kommunikationsnetzes unter den gelehrten
Gesellschaften, die zunehmend an Bedeutung gewannen, intensiviert. Gegenseitige
Mitgliedschaften trugen dazu bei, das Ansehen des einzelnen in der
gelehrten Welt zu erhöhen und ihm in der Öffentlichkeit Respekt zu verschaffen.
Der Sprachwissenschaftler Hans Georg Conon von der Gabelentz
(Nr. 323) war seit 1885 Mitglied der Kgl. Sächs. Akademie der Wissenschaften
in Leipzig, seit 1878 hatte er dort die erste Professur für ostasiatische Sprachen
inne.
Die Leistungen der Sondershäuser Bildhauerfamilie Meil (Nr. 360-363)
strahlten von der Residenz bis in die Dorfkultur aus, sie können genauso wie
die Bauwerke der Architekten Gerhard Hoffmann (Nr. 341) und Carl Scheppig
(Nr. 381) heute noch in Augenschein genommen werden. Die künstlerische
Neugestaltung der Räumlichkeiten auf der Wachsenburg lag in den Händen
des Historien- und Porträtmalers Eduard Fiedler (Nr. 319), der Sondershäuser
Dekorationsmaler Ernst Schedensack (Nr. 380) wurde zur Ausgestaltung von
Dorfkirchen herangezogen. Die der Jenaer Buchhändler- und Verlegerfamilie
entstammende Allwina Frommann (Nr. 322) bewährte sich als Zeichenlehrerin
in aristokratischen Kreisen.
Für innovatives Unternehmertum stehen im Versicherungswesen der ideenreiche
Gothaer Kaufmann Wilhelm Ernst Arnoldi (Nr. 301), in der Spielzeugund
Puppenindustrie Carl Halbig in Gräfenhain (Nr. 334) und in der Glasindustrie
der Glasaugenfabrikant Ludwig Müller-Uri in Lauscha (Nr. 370). In
Jena gelang dem befähigten Handwerksmeister Johann David Böhme (Nr.
308) der Wandel zum selbständigen Unternehmer, Stadtältesten und Landtagsabgeordneten.
Die Geschichte der Hofbuchdruckerei in der Residenzstadt Rudolstadt läßt
sich aus den Mitteilungen über die Druckereibesitzer Christoph Andreas Bergmann
sen. (Nr. 303) und Friedrich Heinrich Bergmann jr. (Nr. 304) und deren
Faktoren Peter Elias Schirach 382) und Heinrich Moritz Junker (Nr. 346)
rekonstruieren. Der bekannte Erlanger Buchhändler und Verleger Ernst Enke
(Nr. 317) stammt ursprünglich aus Themar. Der Vermittlung aktueller
deutscher und französischer Lektüre widmete sich die Weimarer Hofdame
Henriette von Pogwisch (Nr. 375) mit ihren beiden Lesegesellschaften.
Einblicke in die Herausbildung und Entwicklung eines landwirtschaftlichen
Tier- und Pflanzenzuchtbetriebes gestatten die Biographien von Adolf Julius
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der Firma Carl Zeiss Jena in der ersten Hälfte des 20.
optischen Gerätebaus an die hundert Patente.
Schlichtegroll (Nr. 383) ging 1807 nach München, um der Bayerischen
Wissenschaften als Generalsekretär zu dienen. In einem
Sinn für alle Zweige des Wissens“ gewürdigt. Seit dem
Ausbau eines Kommunikationsnetzes unter den gelehrten
zunehmend an Bedeutung gewannen, intensiviert. Gegenseitige
trugen dazu bei, das Ansehen des einzelnen in der
erhöhen und ihm in der Öffentlichkeit Respekt zu verschaffen.
Sprachwissenschaftler Hans Georg Conon von der Gabelentz
Mitglied der Kgl. Sächs. Akademie der Wissenschaften
hatte er dort die erste Professur für ostasiatische Sprachen
Sondershäuser Bildhauerfamilie Meil (Nr. 360-363)
Residenz bis in die Dorfkultur aus, sie können genauso wie
Architekten Gerhard Hoffmann (Nr. 341) und Carl Scheppig
Augenschein genommen werden. Die künstlerische
Räumlichkeiten auf der Wachsenburg lag in den Händen
Porträtmalers Eduard Fiedler (Nr. 319), der Sondershäuser
Schedensack (Nr. 380) wurde zur Ausgestaltung von
herangezogen. Die der Jenaer Buchhändler- und Verlegerfamilie
Frommann (Nr. 322) bewährte sich als Zeichenlehrerin
Kreisen.
Unternehmertum stehen im Versicherungswesen der ideenreiche
Kaufmann Wilhelm Ernst Arnoldi (Nr. 301), in der Spielzeugund
Carl Halbig in Gräfenhain (Nr. 334) und in der Glasindustrie
Glasaugenfabrikant Ludwig Müller-Uri in Lauscha (Nr. 370). In
befähigten Handwerksmeister Johann David Böhme (Nr.
selbständigen Unternehmer, Stadtältesten und Landtagsabgeordneten.
Hofbuchdruckerei in der Residenzstadt Rudolstadt läßt
Mitteilungen über die Druckereibesitzer Christoph Andreas Bergmann
Friedrich Heinrich Bergmann jr. (Nr. 304) und deren
Schirach (Nr. 382) und Heinrich Moritz Junker (Nr. 346)
bekannte Erlanger Buchhändler und Verleger Ernst Enke
ursprünglich aus Themar. Der Vermittlung aktueller
französischer Lektüre widmete sich die Weimarer Hofdame
(Nr. 375) mit ihren beiden Lesegesellschaften.
Herausbildung und Entwicklung eines landwirtschaftlichen
Pflanzenzuchtbetriebes gestatten die Biographien von Adolf Julius
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Kirsche (Nr. 348), und dessen Söhnen Bruno Kirsche (Nr. 349) und Walther
Kirsche (Nr. 350) sowie die der Landwirte Berthold Schwabe (Nr. 386), von
1892 bis 1919 Landtagsmitglied, Eduard Meyer (Nr. 367), der die Domäne
Friedrichswerth gepachtet hatte und bewirtschaftete, und von Fritz Gottschalg
(Nr. 331), Tierzüchter in Großhettstedt. Der englische Leutnant Patrick von
Parry (Nr. 374) erwarb 1835 das in der Nähe von Großkochberg gelegene
Rittergut Kuhfraß, wo er Fischzucht betrieb und auf dem Gebiet des Pflanzenund
Getreideanbaus experimentierte. Hugo Michel (Nr. 368) führte zuerst in
Apolda und ab 1909 in Weimar ein Briefmarkengeschäft und wurde durch
seine Kataloge international bekannt.
Die den Biographien eigene Wechselwirkung von lokal- und regionalgeschichtlichen
Bezügen läßt gleichermaßen die fließenden Grenzen zwischen der Territorial-
bzw. Landesgeschichte erkennen und darüber hinaus auch die globale
Ausstrahlung thüringischen Leistungspotentials sichtbar werden. Den Forschungsreisenden
und Botaniker Paul Günther Lorentz (Nr. 355) führten die
Wege nach Argentinien, wo er wesentlich zur Erforschung der dortigen Pflanzenwelt,
speziell der Moose, beitrug. Der Pfarrer Johann Gottfried Büttner
(Nr. 310) war als Prediger einer lutherischen sowie einer reformierten Gemeinde
von Deutsch-Amerikanern in den USA tätig, kehrte nach Deutschland
zurück und übernahm später die Redaktion der Allgemeinen Auswanderungs-
Zeitung, die sich als Bote zwischen der Alten und der Neuen Welt verstand.
Dem Kranichfelder Superintendenten und Übersetzer Adam Friedrich Jacobi
(Nr. 345) lag besonders die Vermittlung niederländischen Kulturgutes am
Herzen, mit dem er sich während eines sechsjährigen Aufenthaltes als Feldprediger
hatte vertraut machen können. Um die Wende zum 20. Jh. war Max
Raebel (Nr. 377), eine Ausnahmepersönlichkeit, Kapellmeister in Trondheim,
mit Zelt und Faltboot ausgerüstet reiste er, fasziniert vom Nordlicht, zum
Nordkap und weiter nach Spitzbergen, Island und zu den Färöer-Inseln.
Beiträge zur thüringischen Geschichtsforschung leisteten der Ohrdrufer
Steuereinnehmer Johann Zacharias Gleichmann (Nr. 325), der sich hinter zahlreichen
Pseudonymen versteckte, der naturwissenschaftlich interessierte Pfarrer
Friedrich Christian Lesser (Nr. 353) aus Nordhausen, der Stiftspfarrer und
Klosterrat Johann Georg Leuckfeld (Nr. 354), dem zahlreiche Orts- und Klosterchroniken
sowie Quelleneditionen zu verdanken sind, und vor allem der
Sondershäuser Gymnasiallehrer Thilo Irmisch (Nr. 344), ein Mann von großer
Spannweite in den Interessen, der seine Forschungsergebnisse zur schwarzburgischen
Landesgeschichte in der Presse publik machte und auf diese Weise
das heimatgeschichtliche Bewusstsein weckte. Es gelang ihm, seinen Lehrerkollegen
Günther Karl Lutze (Nr. 358) zu botanischen und kulturgeschichtlichen
Studien anzuregen. In der schwarzburgischen Landesgeschichte und im
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Kirsche (Nr. 348), und dessen Söhnen Bruno Kirsche Kirsche (Nr. 350) sowie die der Landwirte Berthold 1892 bis 1919 Landtagsmitglied, Eduard Meyer (Nr. Friedrichswerth gepachtet hatte und bewirtschaftete, und (Nr. 331), Tierzüchter in Großhettstedt. Der englische Parry (Nr. 374) erwarb 1835 das in der Nähe von Rittergut Kuhfraß, wo er Fischzucht betrieb und auf dem Getreideanbaus experimentierte. Hugo Michel (Nr. Apolda und ab 1909 in Weimar ein Briefmarkengeschäft seine Kataloge international bekannt.
Die den Biographien eigene Wechselwirkung von lokal- Bezügen läßt gleichermaßen die fließenden Grenzen bzw. Landesgeschichte erkennen und darüber Ausstrahlung thüringischen Leistungspotentials sichtbar und Botaniker Paul Günther Lorentz Wege nach Argentinien, wo er wesentlich zur Erforschung speziell der Moose, beitrug. Der Pfarrer Johann (Nr. 310) war als Prediger einer lutherischen sowie von Deutsch-Amerikanern in den USA tätig, kehrte zurück und übernahm später die Redaktion der Allgemeinen Zeitung, die sich als Bote zwischen der Alten und der Dem Kranichfelder Superintendenten und Übersetzer (Nr. 345) lag besonders die Vermittlung niederländischen Herzen, mit dem er sich während eines sechsjährigen hatte vertraut machen können. Um die Wende Raebel (Nr. 377), eine Ausnahmepersönlichkeit, Kapellmeister mit Zelt und Faltboot ausgerüstet reiste er, fasziniert Nordkap und weiter nach Spitzbergen, Island und zu den Beiträge zur thüringischen Geschichtsforschung Steuereinnehmer Johann Zacharias Gleichmann (Nr. 325), Pseudonymen versteckte, der naturwissenschaftlich Friedrich Christian Lesser (Nr. 353) aus Nordhausen, Klosterrat Johann Georg Leuckfeld (Nr. 354), dem zahlreiche sowie Quelleneditionen zu verdanken Sondershäuser Gymnasiallehrer Thilo Irmisch (Nr. 344), Spannweite in den Interessen, der seine Forschungsergebnisse Landesgeschichte in der Presse publik machte das heimatgeschichtliche Bewusstsein weckte. Es gelang Günther Karl Lutze (Nr. 358) zu botanischen Studien anzuregen. In der schwarzburgischen Landesgeschichte
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rudolstädtischen Bibliotheks- und Archivwesen haben die Gymnasialdirektoren
Johann Ludwig Hesse (Nr. 337) und dessen Sohn Ludwig Friedrich Hesse
(Nr. 338) bis heute ihre Spuren hinterlassen. Der Pädagoge Bernhard Grosse
(Nr. 333) setzte sich für die Gründung des Arnstädter Museums ein, zugleich
war er als ehrenamtlicher Archivar tätig. Der historisch interessierte Bürgermeister
Paul Lemcke (Nr. 352), ein durch die Jahre versierter Verwaltungsfachmann,
war zuerst in Bad Frankenhausen, danach in Nordhausen und zuletzt
in Zeulenroda im Amt. Die vier dargestellten Staatsminister (Nr. 305, 312,
316, 393) waren im 19. Jh. an der Lenkung der Staatsgeschäfte in den Fürstentümern
Schwarzburg-Sondershausen bzw. Schwarzburg-Rudolstadt beteiligt.
Inzwischen laufen die Vorarbeiten zur fünften Sammlung der Lebenswege in
Thüringen, deren Erscheinen für 2012 geplant ist. Doch jetzt gilt erst einmal der
Dank der Redaktion allen denjenigen, die sich als Autoren an dem Projekt des
Vereins für Thüringische Geschichte e.V. uneigennützig beteiligt haben und
Zeit und Kosten nicht scheuten, das ehrenamtlich geführte Unternehmen zu
unterstützen. Den Museen, Bibliotheken und Archiven, die in den vergangenen
Jahren in entgegenkommender Weise die Einsichtnahme in ihre Bestände ermöglichten,
Auskünfte erteilten oder Abbildungsmaterialien zur Verfügung
stellten, sei ganz besonders gedankt. Direkt am Zustandekommen der vierten
Sammlung beteiligt waren Frau Christel Wutzmer (Stedten), die zeitaufwendige
elektronische Recherchen übernahm, und Herr Klaus Stollberg (Sondershausen),
der die vergleichende Registerabstimmung von Sammlung 1 bis 3 durchführte.
Die Register der vorliegenden Sammlung (Personennamen, Berufe,
Orte, Sachhinweise) enthalten die relevanten Daten zu den bisher veröffentlichten
400 Biographien. In dieser Form stellen sie eine vielseitig einsetzbare und
informative Auffindungshilfe dar. Die Gestaltung des elektronischen Manuskripts
einschließlich der Druckfassung lag wie schon bei den vorangegangenen
Sammlungen in den Händen des Mitherausgebers Dr. Konrad Marwinski.
Die Drucklegung der vierten Sammlung wurde dankenswerterweise durch
die JenAcon Foundation und die Kreissparkasse des Saale-Orla-Kreises finanziell
unterstützt, gleichzeitig übernahm der Verlag Vopelius mit Sitz in Jena die
Publikation in sein Verlagsprogramm.
Weimar, im Dezember 2010/Januar 2011
F.M.