Von der Schuld des Kaiserreichs am Ersten Weltkrieg überzeugt,* fordert HansGeorg von Beerfelde, Junker und ehemaliger Gardeoffizier in der prominentesten Eliteeinheit des Kaisers, im November 1918 schonungslose Selbstkritik, Auseinandersetzung mit und Überwindung der Politik der „Großen Zeit der Lüge“, wie man die Kriegsjahre zu nennen pflegte. Als 2. Vorsitzender des Vollzugsrats der Arbeiter- und Soldatenräte drängt er, anders als Friedrich Ebert und seine Partei, auf die Entmachtung der Kriegsschuldigen, der Eliten des Kaiserreichs, und die Errichtung einer wirklichen, pazifistisch orientierten Republik. Zugleich erwartet er die Vorgerichtstellung derjenigen, die für den Tod von 17 Millionen Menschen verantwortlich sind – analog zu den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen von 1945/46. Beerfeldes Forderungen gelten als so gefährlich, dass er bereits nach wenigen Monaten ins Visier der Freikorps gerät und nur knapp mit dem Leben davon kommt. Fortan lässt die Weimarer Republik keine Gelegenheit aus, ihn zu bekämpfen und gesellschaftlich zu vernichten. Doch Beerfelde hält an der Bewältigung des Ersten Weltkrieges im Sinne der Abkehr von Militarismus und künftiger Gewaltpolitik fest. Damit setzt er sich zugleich in einen Gegensatz zur gegen den Versailler Vertrag gerichteten Revisionspolitik der Weimarer Eliten und auch der NSDAP. 1925 gerät er in einen Konflikt mit dem Auswärtigen Amt und Gustav Stresemann, die einen Landesverratsprozess gegen den unangenehmen Aufklärer anstrengen. Beerfelde ist eine tapfere, vielleicht sogar leichtsinnige Person, die an das Gute im Menschen glaubt. Niemand kann ihn davon abhalten, im Frühsommer 1932, in einer von bürgerkriegsähnlichen Szenarien geprägten Zeit, Hitler in einem offenen Brief über den „katastrophalen geschichtlichen Irrtum“ seiner Partei zu belehren. Er gibt dem „Führer“ zu verstehen, dass die NSDAP „vollkommen auf dem Holzwege“ sei. Zwar benötige Deutschland in der Tat eine „Freiheitsbewegung“, jedoch nicht im Sinne Hitlers. Dem deutschen Volk müsse die historische Wahrheit über die Ursache des Ersten Weltkrieges und seine Folge, den Versailler Vertrag, gesagt werden. Sodann sei es vom „Gewaltglauben“, den „Rüstungen“ und „neuen Kriegsmöglichkeiten“ zu befreien. Die Nazis lassen sich den Affront nicht gefallen: nach dem Reichstagsbrandprozess wird Beerfelde von SA-Hilfspolizei verschleppt und zum Krüppel geschlagen. Nur das Engagement von ehemaligen Offizierskameraden rettet ihn, den natürlichen Antipoden des aus den Schützengräben des Ersten Weltkrieges entspringenden deutschen Faschismus, vor dem gewaltsamen Tod. Nach mehrmonatiger Haft entlassen, übersiedelt er 1934 von Berlin nach Garmisch-Partenkirchen, wo er bis zum Ende des „Dritten Reiches“ dauernder politischer Überwachung unterliegt. Nach 1945 setzt er sich in Zusammenarbeit mit den US-Besatzungsbehörden für den Aufbau eines freiheits- und friedensorientierten Deutschlands ein. Seine Pläne, die seit 1918 versäumte politische und geistige Aufklärung des deutschen Volkes in Angriff zu nehmen, werden durch Denunziation zunichte gemacht, er selbst inhaftiert und materiell ruiniert. Anfang der 1950er Jahre plädiert er für eine allseitige Abrüstung und warnt vor dem im Osten und Westen angehäuften Kriegspotential. Er stirbt im September 1960 in einem Altenheim in Berlin-Nikolassee. Der Grund, weshalb Beerfelde, ursprünglich Alldeutscher und seit 1918 Mitglied der kriegsgegnerischen Unabhängigen Sozialdemokratie, geächtet, verfolgt und vergessen gemacht wurde, ist sein Kampf um die Wahrheit in der deutschen Politik. Wie Albert Einstein, Eduard Bernstein, Kurt Eisner, Georg Friedrich Nicolai oder Hans Paasche – allesamt Mitglieder des pazifistisch-republikanischen Bundes „Neues Vaterland“, der im November 1918 die Kraftprobe mit der Ebertschen Sozialdemokratie wagt – vertritt Beerfelde die Auffassung, dass Deutschland eine ganz spezielle Revolution benötigt: die Revolution der Wahrheit. Damit ist er aktuell geblieben, zumal die deutsche Politik nicht bereit ist, die wirklichen Lehren aus dem Ersten Weltkrieg zu ziehen und statt dessen mit Waffenexporten und Auslandseinsätzen dokumentiert, wie sehr sie – ungeachtet der Erfahrungen mit dem Scheitern einer solchen Machtpolitik – dem Glauben anhängt, Konflikte ließen sich mit Gewalt lösen.
Aktualisiert: 2023-03-14
> findR *
Aktualisiert: 2022-11-21
> findR *
Aktualisiert: 2022-11-21
> findR *
Auch wenn man eine allgemeine Theorie des Faschismus für denknotwendig hält, bleibt die Frage der unterschiedlichen Realitäten der zur Macht gekommenen Faschistischen Bewegungen, zumal in Deutschland und Italien, der Erklärung bedürftig. In beiden Weltkriegen ging von Deutschland der Versuch der Errichtung der Herrschaft über Europa aus. Der hiermit vorliegende erste Band der «Studien zum Kontinuitätsproblem der deutschen Geschichte» gibt einen Überblick über Teilaspekte des Gesamtthemas. Der terminus a quo wird im Siege Preussens über Deutschland gesehen, der mit der Ministerpräsidentschaft Bismarcks im Jahre 1862 eingeleitet wurde.
Aktualisiert: 2019-12-19
> findR *
Aktualisiert: 2022-11-21
> findR *
Aktualisiert: 2022-11-21
> findR *
Hermann Fernau (1883-1935), seit 1904 Korrespondent, Journalist und Schriftsteller in Paris, erkennt bereits in den Wochen nach dem 4. August 1914 die Schuld der kaiserlichen Regierung an dem Weltenbrand. Sein Tagebuch „Paris 1914“ ist eine einzigartige Quelle und gibt Auskunft, dass Frankreich alles andere als kriegswillig gewesen ist. Als erster Deutscher klagt er mit seinem vollen Namen die Kriegspolitik Berlins und Wiens an. Seine Schriften, in Deutschland verboten, werden ein Welterfolg. Die Behörden bekämpfen ihn als Landesverräter. Doch Fernau, Pazifist, Republikaner, Weltbürger und in der aufklärerischen Tradition von 1789 und 1848 stehend, nimmt das Stigma nicht an. „Gerade, weil ich ein Deutscher bin“, hält er an der Wahrheit fest. Zu Unrecht vergessen, verdeutlichen sein Schicksal und seine Schriften, auf welch dünnem Eis sich diejenigen bewegen, die heutzutage eine europäische Gesamtschuld suggerieren.
Aktualisiert: 2018-07-12
> findR *
Heinrich Ströbel (1869-1944) gehörte mehr als drei Jahrzehnte zur Elite der deutschen Sozialdemokratie: als Redakteur des „Vorwärts“, Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und Reichstages, Ministerpräsident von Preußen und steuer- bzw. finanzpolitischer Sprecher. Als Gegner der Kriegspolitik vor und nach 1914 und Mitbegründer der USPD forderte er nach 1918 einen „rücksichtslosen Bruch mit der blutbesudelten Vergangenheit“, eine Aussöhnung mit Polen und Frankreich sowie ein friedensorientiertes, abgerüstetes und den europäischen Aufbau förderndes demokratisches Deutschland. Dabei geriet er nicht nur in Widerspruch zu den Feinden der Demokratie, sondern auch zu den Vorständen der Arbeiterparteien, die die diagnostische Schärfe seiner Analysen und Prognosen verkannten und verwarfen. In seinen Leitartikeln für die „Weltbühne“ und „Das Andere Deutschland“ warnte er vor dem Zweiten Weltkrieg und dem weiteren Irrweg in die Barbarei. Das von Ströbel zwischen 1914 und 1931 entwickelte Konzept, von Lothar Wieland als „dritter Weg“ bezeichnet und der SPD, KPD und SAP als Modell für die Abwehr von Militarismus und Faschismus angeboten, rückt hier zum ersten Mal in den Forschungsfokus zur Geschichte der Arbeiter-, Friedens- und Gewerkschaftsbewegung. Ströbels Biografie und Einsichten verdeutlichen, dass die Entwicklung zu 1933 keine zwangsläufige war. Von der politischen Rechten bedroht, emigrierte er Ende 1931 in die Schweiz, von wo er seinen Kampf gegen „Hakenkreuz und Stahlhelm“ fortsetzte. Seine klare und differenzierte Kritik an der Mitverantwortung der Arbeiterparteien an 1933 führte nach dem von ihm vorausgesagten Krieg dazu, dass er „vergessen“ wurde – nicht zuletzt von denen, die sich allzu leicht in dem ihnen vorgehaltenen Spiegel wiedererkennen konnten.
Aktualisiert: 2022-11-29
> findR *
MEHR ANZEIGEN
Bücher von Wieland, Lothar
Sie suchen ein Buch oder Publikation vonWieland, Lothar ? Bei Buch findr finden Sie alle Bücher Wieland, Lothar.
Entdecken Sie neue Bücher oder Klassiker für Sie selbst oder zum Verschenken. Buch findr hat zahlreiche Bücher
von Wieland, Lothar im Sortiment. Nehmen Sie sich Zeit zum Stöbern und finden Sie das passende Buch oder die
Publiketion für Ihr Lesevergnügen oder Ihr Interessensgebiet. Stöbern Sie durch unser Angebot und finden Sie aus
unserer großen Auswahl das Buch, das Ihnen zusagt. Bei Buch findr finden Sie Romane, Ratgeber, wissenschaftliche und
populärwissenschaftliche Bücher uvm. Bestellen Sie Ihr Buch zu Ihrem Thema einfach online und lassen Sie es sich
bequem nach Hause schicken. Wir wünschen Ihnen schöne und entspannte Lesemomente mit Ihrem Buch
von Wieland, Lothar .
Wieland, Lothar - Große Auswahl an Publikationen bei Buch findr
Bei uns finden Sie Bücher aller beliebter Autoren, Neuerscheinungen, Bestseller genauso wie alte Schätze. Bücher
von Wieland, Lothar die Ihre Fantasie anregen und Bücher, die Sie weiterbilden und Ihnen wissenschaftliche Fakten
vermitteln. Ganz nach Ihrem Geschmack ist das passende Buch für Sie dabei. Finden Sie eine große Auswahl Bücher
verschiedenster Genres, Verlage, Schlagworte Genre bei Buchfindr:
Unser Repertoire umfasst Bücher von
- Wieländer, Christine
- Wielander, Fritz
- Wieländer, Gerlinde
- Wielander, Hans
- Wielander, Wolfgang
- Wielander-Platzgummer, Anna
- Wielandt, Friedrich
- Wielandt, Helmut
- Wielandt, Irmgard
- Wielandt, Niklas
Sie haben viele Möglichkeiten bei Buch findr die passenden Bücher für Ihr Lesevergnügen zu entdecken. Nutzen Sie
unsere Suchfunktionen, um zu stöbern und für Sie interessante Bücher in den unterschiedlichen Genres und Kategorien
zu finden. Neben Büchern von Wieland, Lothar und Büchern aus verschiedenen Kategorien finden Sie schnell und
einfach auch eine Auflistung thematisch passender Publikationen. Probieren Sie es aus, legen Sie jetzt los! Ihrem
Lesevergnügen steht nichts im Wege. Nutzen Sie die Vorteile Ihre Bücher online zu kaufen und bekommen Sie die
bestellten Bücher schnell und bequem zugestellt. Nehmen Sie sich die Zeit, online die Bücher Ihrer Wahl anzulesen,
Buchempfehlungen und Rezensionen zu studieren, Informationen zu Autoren zu lesen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
das Team von Buchfindr.