Alfred Kubin. Bekenntnisse einer gequälten Seele
Ausst. Kat. Leopold Museum, Wien 2022
Alfred Kubin, Hans-Peter Wipplinger
Die Kunst des großen Zeichners, Illustrators und Autors, Alfred Kubin, scheint aktueller denn je: Gewalt, kriegerische Zerstörung, Seuchen, Naturkatastrophen, Manipulation der Massen und andere Abgründe des menschlichen Seins prägten seine stark erzählerisch orientierten Arbeiten. Das Werk dieses fantastischen Schöpfers konfrontiert uns mit pessimistischen Visionen, die die schlechteste aller denkbaren Welten skizzieren. Aus einer Vielfalt von Impressionen und künstlerischen Positionen, vor allem aber aus den eigenen Erfahrungs- und Empfindungswelten und seiner überbordenden Einbildungskraft schuf Kubin ein unvergleichliches, geheimnisvoll-fantastisches Werk. Der Katalog unternimmt den Versuch, die Kunst der Kubinschen Traumwelten, die allzu oft in alpdrückend-düstere Sphären vordringt, auch in ihrem Bezug zum Unbewussten, zu den Tiefendimensionen des Psychischen zu erfassen. Die Werke Kubins werden dabei in einen Dialog mit Arbeiten von Künstlern des 19. Jahrhunderts wie der klassischen Moderne gesetzt, die als Inspirationsquellen für Kubins Schaffen dienten. Kubins dystopische Visualisierungen, die den Symbolismus und die fantastische Kunst des 19. Jahrhunderts fortführen und als Weg bereiter des französischen Surrealismus gelten dürfen, setzen sich aus realer und imaginärer Wirklichkeit zusammen: eine Synthese, in der das Unheimliche der pessimistischen Weltkonstruktionen auch immer wieder mit Humor, Ironie und Übertreibung versehen ist.
Text: Hans-Peter Wipplinger, August Ruhs, Burghart Schmidt, Annegret Hoberg, Lena Scholz.