Anklänge an die Avantgarde
Bohuslav Martinus Opern der Zwischenkriegszeit
Ivana Rentsch
Die Opern, die Bohuslav Martinu in den 1920er und 30er Jahren schuf, waren durch das vermeintliche Paradoxon eines avantgardistischen ,Klassizismus‘ geprägt. Aus der Überzeugung heraus, daß jede Zeit ihrer eigenen Tonsprache bedürfe, verweigerte sich der Komponist historischen Modellen und verfolgte die Abkehr vom Musikdrama durch die Arbeit mit Textbüchern, die ausnahmslos der damaligen Theateravantgarde entsprangen. Die Geisteshaltung der betreffenden Vorlagen erfüllte in idealer Weise Martinus Ziel einer „Entdramatisierung und Desentimentalisierung der Bühne“ – und damit die ins Musiktheater übersetzte Forderung nach objektivem Ausdruck anstelle jenes gefühlsorientierten „Subjektivismus“, der seit dem Ersten Weltkrieg suspekt geworden war.
Am Beispiel der in Paris entstandenen Opern Les trois souhaits ou Les vicissitudes de la vie, Hry o Marii (Marienspiele) und Juliette. Snár (Juliette. Das Traumbuch) wird dargelegt, wie sich Dadaismus, Poetismus und Surrealismus mit Zeitoper, Mysterienspiel und lyrischem Singspiel zu Martinus ,klassizistischem‘ Musiktheater der Zwischenkriegszeit verbinden.