Arbeitsverträge und Verträge mit Selbständigen.
Rechtliche Qualifizierung von Dienstleistungsverhältnissen als Abgrenzungs- und Einordnungsproblem.
Frank Maschmann
Das Schlüsselproblem des Arbeitsrechts – auf welche Rechtsverhältnisse arbeitsrechtliche Normen anzuwenden sind – ist nach wie vor ungeklärt. Im Zeichen einer Auflösung des »Normalarbeitsverhältnisses« ist die Antwort auf diese Frage wichtiger denn je. Arbeitsverträge – vor allem in den zukunftsweisenden Bereichen der neuen Dienstleistungsgesellschaft («New Economy«, »IT-Branche«, Medienunternehmen) – werden den Verträgen mit Selbständigen immer ähnlicher. In der Grauzone zwischen abhängiger und selbständiger Beschäftigung ist eine Unterscheidung mit den herkömmlichen Kriterien nur schwer möglich. Neuere Lehren, die den Arbeitnehmer teleologisch definieren und als »verhinderten Unternehmer« begreifen, verleiten nicht nur zu einem unangemessenen Statusdenken, sondern schießen auch über das Ziel hinaus, wenn sie alle sozial schutzbedürftigen Selbständigen dem Arbeitsrecht zuschlagen. Übersehen wird vor allem, daß Zentralbegriff des Arbeitsrechts nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitsvertrag ist. Persönliche Abhängigkeit und soziale Schutzbedürftigkeit sind typische Folgen des arbeitsvertraglichen Leistungsversprechens, aber keine tatbestandlichen Voraussetzungen. So gesehen ist ein Perspektivenwechsel erforderlich. Der Arbeitsvertrag ist das von der Privatrechtsordnung zur Verfügung gestellte Mittel zur Fremdsteuerung des arbeitsteilig organisierten Leistungsprozesses. Mit ihm wird dem Arbeitgeber das Leitungsrecht über diesen Prozeß eingeräumt. Es berechtigt ihn, über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers in den Grenzen des Rechts zu verfügen. Sieht man in der »Verfügbarkeit über die Arbeitskraft« das entscheidende Kriterium des neuen Ansatzes, ist das Verhältnis von »Leitungsrecht« und Weisungsrecht im herkömmlichen Sinne zu klären, und es sind die Folgen für die Gestaltung, Durchführung und die Einordnung von Dienstleistungsverhältnissen zu überdenken. Viele Zweifelsfälle lassen sich mit dem neuen Ansatz sicherer als bisher beurteilen. Das verspricht erhebliche Vorteile für die Praxis.