Argumentationsprozesse im Mathematikunterricht
Theoretische Grundlagen und Fallstudien
Ralph Schwarzkopf
Wie das Mikroskop den Einblick in einen wohl erlebten, jedoch nicht erkannten Mikrokosmos ermöglicht, erlaubt die Video- und Audiotechnik die Analyse des flüchtigen Unterrichtsprozesses. Das mathematische Thema des Unterrichtsgesprächs baut sich aus einzelnen Äußerungen und ihren wechselseitigen Bezugnahmen auf. Die Lehrperson hat kaum die Möglichkeit, diesen Prozeß in seinen Feinstrukturen bewußt zu steuern. Die Mikroprozesse entziehen sich im Erleben der Beteiligten auch der Reflexion, sie sind flüchtig. Erst ihre Dokumentation macht sie der Analyse zugänglich.
In der vorliegenden Arbeit dokumentiert der Autor Unterrichtsgespräche, in denen Lehrende und Lernende komplexe mathematische Argumente aufbauen, und das oft spontan in der Unterrichtssituation. Sie stammen aus dem Mathematikunterricht der 4. und 5. Klassenstufe. Die Argumentationen sind noch nicht in logischer Form, in sprachlicher Form oder in sozialen Regeln des „Sprachspiels“ (Wittgenstein) so standardisiert, wie es in höheren Klassenstufen geschieht, wo man schon vom Beweisen spricht.