Caesarenwahn
Ein Topos zwischen Antiwilhelminismus, antikem Kaiserbild und moderner Populärkultur
Sebastian Becker, Thomas Blank, Christoph Catrein, Christoph Endres, Martin Lindner, Eckard Meyer-Zwiffelhoffer, Neville Morley, Sandra Nuy, Ludwig Quidde, Heinrich Schlange-Schöningen, Florian Sittig, Christine van Hoof, Anja Wieber, Ulrike Wulf-Rheidt
Hat unbegrenzte Macht einen schädlichen Einfluss auf die menschliche Psyche? Diese Vorstellung ist im populären Diskurs moderner Gesellschaften jedenfalls weit verbreitet. Im deutschsprachigen Raum findet sie sich verdichtet im Begriff des ‚Caesarenwahns‘, seit Ludwig Quidde (1858–1941) am Ende des 19. Jahrhunderts am Beispiel des Kaisers Caligula und mit Blick auf Wilhelm II. ironisch aufzuzeigen versuchte, dass Autokraten ihrer Machtstellung wegen besonders anfällig für psychische Störungen seien. Der vorliegende Sammelband geht den Ursprüngen dieser Topik vom ‚wahnsinnigen Herrscher‘ in der antiken Herrscherinszenierung sowie im Monarchiediskurs des 19. und frühen 20. Jahrhunderts nach und verfolgt ihre Wirksamkeit bis in die Gegenwart. An ausgewählten Beispielen der populären (v.a. filmischen) Inszenierung von Autokraten wird dabei aufgezeigt, wie die Einordnung des Herrschers als ‚verrückt‘ der Simplifizierung der kritischen Auseinandersetzung mit abgelehnten Herrschaftsweisen dient.