Creeping-In – Notwendigkeit der Regulierung einer vermeintlichen Umgehung der Mindestpreisregeln des WpÜG?
Marc Hauser
Die Übernahmen bei Porsche/Volkswagen, VW/MAN, Deutsche Bank /Postbank und ACS/Hochtief haben für zahlreiche Kritik an den geltenden Regelungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) zum Pflichtangebot gesorgt. Kritiker bemängeln, Minderheitsaktionäre würden mit völlig unattraktiven und unangemessenen Übernahmeangeboten konfrontiert. Sie fordern daher, zur Schließung dieser vermeintlichen Lücken, eine Verschärfung des WpÜG. Andere Juristen und Praktiker halten das bereits bestehende Gesetz schon für überflüssig. Im Oktober 2010 hat Sigmar Gabriel (SPD) im Vorfeld des damals geplanten und mittlerweile abgeschlossenen Übernahmeangebots des spanischen Baukonzerns ACS an die Aktionäre der Hochtief AG dafür plädiert, das WpÜG an die Regelungen im europäischen Ausland anzupassen. Er sprach sich in diesem Zusammenhang für die Einführung eines weiteren Pflichtangebots bei Aufstockung der Beteiligung um eine bestimmte Höhe nach Überschreiten der Kontrollerwerbsschwelle aus. Diese aktuelle sowie aus juristischer und ökonomischer Sicht weitreichende, öffentliche Diskussion über eine Veränderung des WpÜG ist Anlass dafür, sich mit der Frage zu befassen, ob eine Änderung des Gesetzes, insbesondere im Hinblick auf die Einführung eines weiteren Pflichtangebots im Falle des sogenannten „Creeping-In“, zum Schutze und im Lichte überwiegender Rechtsgüter tatsächlich notwendig ist oder ob die bestehenden Regelungen nicht bereits ausreichend oder gar zu weitreichend sind. Das Anliegen des Verfassers besteht darin, die unterschiedlichen Regelungen innerhalb und punktuell außerhalb der Europäischen Union sowie die bisherige Entwicklung der Angebotspflicht des WpÜG in der Praxis einer Reflexion zu unterziehen.