Das dramatische Werk Friedrich de la Motte Fouqués
Ein Beitrag zur Geschichte des romantischen Dramas
Claudia Stockinger
Daß die Dramen „Fouqués und einiger seiner Zeitgenossen“ zu den vernachlässigenswerten Produkten der Literaturgeschichte gehören, ist ebenso bekannt, wie die fraglichen Texte selbst unbekannt sind. Das ist umso bemerkenswerter, als dieses Material eine paradigmatische Zusammenschau der poetischen und poetologischen Möglichkeiten der Romantik bietet und dabei zugleich auf die zentralen zeit- wie wissenschaftspolitischen Ereignisse reagiert. Daran orientiert sich der Aufbau der Arbeit: Das unter Pseudonym veröffentlichte Frühwerk Fouqués (1777-1843) entsteht in Auseinandersetzung mit der frühromantischen Poetologie als Versuch einer von Ludwig Tiecks Lustspielkonzeption einerseits und der spanischen Komödientradition andererseits vorgegebenen allegorischen Welttheaterdramatik. Das nationalpolitische Programm des Hauptwerks läßt sich nach den verarbeiteten Stoffen ordnen: Die Mythendramen führen die zeitgenössischen Forderungen nach einer „neuen Mythologie“ aus, die Geschichtsdramen antworten auf aktuelle politische Ereignisse oder dramatisieren zentrale Begebenheiten der sogenannten Nationalgeschichte mit historiographischem resp. geschichtsphilosophischem Anspruch, und die Mittelalterdramen machen im Rahmen eines sich in dieser Zeit konstituierenden philologischen Interesses an einer deutschen Nationalliteratur wichtige Überlieferungszeugen in neuer Form präsent. Für die Ausbildung einer genuin romantischen Dramenform spielt Fouqués Auseinandersetzung mit Schiller eine zentrale Rolle, die zudem den Blick auf übergreifende Linien des Gesamtwerks ermöglicht. Die Aufhebung der tradierten Gattungsgrenzen in einem dramatisch-musikalischen Gesamtkunstwerk wird durch die poetologische Fundierung und formale Disposition dieser Dramatik vorbereitet.