Das Gedächtnis der Reichsstadt
Unruhen und Kriege in der lübeckischen Chronistik und Erinnerungskultur des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit
Sascha Möbius, Birgit Neumann, Jürgen Reulecke
Die Stadtchroniken, Berichte, Akten und Historienbilder Lübecks sind ein einzigartiger Quellenbestand zur Erinnerungskultur deutscher Städte im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit. An die Verteidigung der Reichsfreiheit Lübecks in der Schlacht bei Bornhöved 1227 erinnerten sich die Bürger über fünf Jahrhunderte. Auch die Verschwörung der Knochenhauer von 1384 beschäftigte Rat und Bürgerschaft bis in das 18. Jahrhundert. Diese Studie untersucht die Wandlungen dieser Erinnerung vor dem Hintergrund der Stadtgeschichte. Deutlich werden erstaunliche Kontinuitäten. So konnten weder Reformation noch Aufklärung das Eingreifen der Heiligen Maria Magdalena am Tag der Schlacht von Bornhöved aus den Köpfen der Lübecker tilgen. Auch die Darstellung der Knochenhauerverschwörung in den ratsnahen Chroniken wurde von den Bürgern bis in die frühe Neuzeit in Zweifel gezogen: handelte es sich um die Abwehr einer Verschwörung oder doch um kalt geplante Justizmorde an unliebsamen Widersachern?