Das Korrespondenzprinzip im Strafrecht.
Der Vorrang von ex-ante-Betrachtungen gegenüber ex-post-Betrachtungen bei der strafrechtlichen Zurechnung.
Tobias Rudolph
Nach der gängigen Formel von der objektiven Zurechnung muss zunächst eine Gefahr (=ex-ante-Urteil) für ein Rechtsgut geschaffen worden sein, die sich dann im konkreten Erfolg verwirklicht hat (=ex-post-Urteil). Der Autor erkennt hierin einen allgemeinen Grundsatz, den er als Korrespondenzprinzip bezeichnet. Das Korrespondenzprinzip kommt auch zum Tragen, wenn der gefährliche Zustand als solcher einem bestimmten Menschen zugerechnet werden soll. D. h. das Verhältnis von ex-ante- und ex-post-Betrachtungen ist bereits maßgeblich, wenn z. B. beurteilt wird, ob überhaupt eine „Handlung“ oder „Vorsatz“ vorliegt. Diesen Begriffen liegen nämlich ex-ante-Urteile zugrunde, bei denen es um die „Möglichkeit“ oder „Erkennbarkeit“ einer zukünftigen Veränderung der Welt durch ein Subjekt geht.
Im Ergebnis wird ein Zurechnungssystem entwickelt, bei welchem die zentralen strafrechtlichen Begriffe „Handlung“, „Vorsatz“ und „Erfolg“ inhaltlich neu bestimmt werden.