Das politische Denken von Christian Thomasius.
Staat, Gesellschaft, Bürger.
Martin Kühnel
Der Aufklärer Christian Thomasius (1655-1728) gilt bislang kaum als politischer Denker von ideengeschichtlicher Bedeutung, und die in der Literatur zwischen „absolutistisch“ oder „liberal“ schwankenden Urteile sind aufgrund ihrer Materiallage selten verallgemeinerungsfähig.
Dem Kernproblem eines fehlenden politiktheoretischen Hauptwerks stellt sich der Autor der vorliegenden Untersuchung mit einem systematischen Rekonstruktionsversuch seiner Staats- und Gesellschaftstheorie aus politikwissenschaftlicher Perspektive. Die abschließenden Charakterisierungen eines „rechtsstaatlichen Absolutismus“ und eines „strukturkonservativen Sozialmodells mit emanzipatorischen, bürgerlich-individualistischen Potentialen“ stehen für die paradigmatische Ambivalenz seines politischen Denkens im Umbruch zum 18. Jahrhundert. Zugleich deuten sie die von Thomasius‘ Gesamtwerk ausgehenden wesentlichen Impulse für die Entwicklung der modernen bürgerlichen Gesellschaft an, die nachdrücklich Beachtung verdienen.