Das Schaf im Wolfspelz
Vom Ende eines Möchtegerns
Denny Buera
Lenard ist verheiratet und hat einen schulpflichtigen Sohn und eine erwachsene Tochter. Zwei gute Gründe also, sich über die Konsequenzen des täglichen Tuns mehr Gedanken zu machen als ein achtzigjähriger Fischer auf Naxos.
Und der dritte Grund wäre sicher seine Frau, wenn beide nicht gerade in der größten Krise ihres Lebens steckten. Sein angefressenes Selbstverständnis als Mann ist es, das ihn mit träger Gleichgültigkeit in eine Situation bringt, die er nicht kontrollieren kann. Er ist Täter und Opfer zugleich, und als er die Misere begreift, macht er einfach die menschliche Evolution verantwortlich und bleibt gelassen – bis er feststellt, dass er in einem Auto ohne Bremse sitzt.
Immer beginnt alles als harmloses Spiel, beim Zocken an der Börse, beim Wetten im Sport, beim Sex. Man bringt einen zunächst unbedeutenden Einsatz und hat Spaß. Dann investiert man mehr, zum Spaß kommt der Thrill, und dann ist man schnell an der Schwelle, wo man sich entscheiden muss: aufhören oder weitermachen. Aber das Aufhören verlangt in dieser Phase meist ein größeres Opfer als das Augen-zu-und-durch, und das macht es so schwer. Beim ersten Paukenschlag, der einen wachrüttelt, ist es immer zu spät.