Der CDU-Politiker Otto Schmidt (1902-1984)
Zwischen religiöser Motivation und Sachpolitik
Winfried Herbers
Otto Schmidt (1902–1984) war einer der wichtigsten evangelischen Mitgründer der CDU Rheinland 1945. Deutschnational sozialisiert, schwankte er in seiner Jugend zwischen linksradikal-pazifistischen und nationalistisch-völkischen Strömungen. In der NS-Diktatur wurde der promovierte Jurist zu einem überzeugten und aktiven Anhänger der Bekennenden Kirche. 1945 trat er als entschiedener Befürworter interkonfessioneller Zusammenarbeit auf, die er trotz Konflikten mit Adenauer in der neugegründeten CDU verwirklicht sah. Politisch aktiv wurde er kurzzeitig als Stadtrat und Oberbürgermeister von Wuppertal, dann als Landesminister und Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen und langjähriger Bundestagsabgeordneter. Die Untersuchung zeichnet seine politische Sozialisation in Weimarer Republik und NS-Diktatur nach und konzentriert sich dann auf sein vom religiösen Impetus begründetes und getragenes Engagement in der CDU, das ihn in Gegensatz zu dem pragmatischen Realpolitiker Adenauer brachte. Untersucht wird, wie Schmidt neben seiner Funktion als „Generalist“ in verschiedenen Ämtern auch die Sachpolitik entdeckte, die relativ unabhängig von den religiösen Einsichten funktionierte. Herausgestellt werden besonders seine Verdienste in der Finanzpolitik und sein Wirken als Pionier der Umweltpolitik. Für sich persönlich war er stets bereit, sich auch in der Politik nach den Zehn Geboten zu verhalten, ohne diese Erwartungshaltung aber an alle Mitglieder seiner Partei zu richten.
Der Autor wertete nicht nur den Nachlass Schmidts, sondern auch zahlreiche weitere Quellenbestände und Aussagen von Zeitzeugen aus.