Der Gesandte
Alexandre Kojèves europäische Missionen
Christine Blättler, Marco Filoni, Stefanos Geroulanos, Michaela Heissenberger, Alexandre Kojève, Thomas Meyer, Anja Schloßberger-Oberhammer, Danilo Scholz, Franziska Uhlig, Ronald Voullié
Auf dem Weg von Moskau über Berlin, Heidelberg und Paris nach Brüssel verfolgte der russisch-französische Philosoph Alexandre Kojève (1902-1968) verschiedene Missionen. Mit seinem bekanntesten Auftrag, der Vergegenwärtigung Hegels an der École pratique des haute études im Paris der 1930er Jahre, prägte er Generationen französischer Intellektueller bis heute. Er hat aber auch, mit Blick auf die Bilder seines Onkels Wassily Kandinsky, die erste theoretische Schrift zur konkreten Kunst vorgelegt und sich mit Leo Strauss und dessen politischer Kunst des Schreibens, die er selbst virtuos praktizierte, kritisch auseinandergesetzt.
Politisch brisant waren sein ‚Brief‘ an Stalin – ein tausendseitiges Manuskript in russischer Sprache, das Bataille zusammen mit Benjamins Manuskripten in der Bibliothèque nationale versteckte – und seine an das Vichy-Regime gerichtete Abhandlung über den ‚Begriff der Autorität‘. Als philosophischer Beamter im französischen Wirtschaftsministerium hat er maßgeblich die OECD mitaufgebaut und wird noch heute für das EU-freundliche Denken in Frankreich verantwortlich gemacht.